Disclaimer: Die Charaktere von Xena und Gabrielle sind Eigentum von Universal und Renaissance Pictures. Es sind keine Copyrightverletzungen beabsichtigt.
Dank: Ich bin erfreut, dass so vielen von euch die Serie zu gefallen scheint. Eure Kommentare sind sehr freundlich und sehr willkommen. Besonderen Dank an Lisa, meine Betareaderin. So, wie die Geschichten angelegt sind, ist es am besten, man liest sie in der richtigen Reihenfolge.
Warnung: Diese Geschichten gehört zu den 'alternativen' FF. Bitte lest sie nicht, wenn ihr nicht das entsprechende Alter habt oder wenn solches Material an eurem Ende der Welt nicht legal ist.
Wichtige Warnung: Diese Geschichte basiert auf Ereignissen, die wahr sind und die Umgebung und die traditionelle Kultur der Stämme des Hochlandes von P.N.G. beschreiben. Einige Beschreibungen in dieser Geschichte sind graphisch und brutal. Einige Leser könnten der Meinung sein, dass die traditionellen Szenen beunruhigend sind, da sie nicht fiktiv sind, sondern reale Ereignisse wie rituelles Töten und Mord enthalten.
Copyright © 2005 Jany

 

P.N.G Encounter

By
Anne Azel
a_azel@hotmail.com

Übersetzung von jany

Teil 2
Sie stiegen einen engen, erodierten roten Lehmpfad hinauf. Jess bewegte sich stetig vorwärts, scheinbar ohne die Last auf ihrem Rücken zu bemerken. Mary lehnte ihr Gesicht gegen die starke Schulter und versuchte, sich nicht zu bewegen. Irgendwie brachte die Nähe Erinnerungen in ihr auf - Erinnerungen an eine Kriegerin und deren Freundin. 'Das ist ein Teil von dem, was wir waren, Jess', dachte sie.
Jess bog um einen felsigen Vorsprung und setzte Mary auf den Boden. Sie waren auf einem Bergrücken hoch über dem Lager der Klinik. Über ihnen ging eine nahezu senkrechte Kalksteinspalte in einen abgebrochenen Gipfel über, welcher durch den Monsunregen des Nachmittags in seltsam gräuliche Formen zerfallen war. Marys Herz machte einen Satz und ihre Augen weiteten sich geschockt, als sie nicht weit über ihnen, einige zwanzig Fuß entfernt einen dunklen waagerechten Riss im Stein entdeckte, der ein tiefes natürliches Riff formte. In ordentlichen Reihen lagen auf diesem Riff Hunderte von Schädeln - weiß, bleich und brüchig durch die Sonne. Zwischen diesen Wächtern der Nachwelt standen Steinschalen und Klingen primitiver Steinäxte.
Jess nahm Mary den Sack von den Schultern und kniete nieder. Sie zerriss die Blätter und befreite zwei runde blutige Formen. Mary sprang mit einem Alarmschrei zurück und kippte fast um. Sie musste eine Hand ausstrecken, um sich an dem Kalksteinvorsprung abzustützen und ihre Balance zu halten. Mit zitternden Händen hob sie ihren Stock hoch und hielt ihn in Angriffsposition. Es fühlte sich sonderbar vertraut an und gab ihr einen starken Sinn von Vertrauen. "Außer dir und mir waren alle aus dem Lager verschwunden. Mein Gott! Du hast diesen armen Jungen geopfert und seine Organe herausgerissen! Was ist das für ein Ort? Eine Art Trophäenraum?", schnappte sie verärgert.
Jess' Gesicht änderte sich innerhalb eines Augenblicks von Überraschung zu gewaltigem Ärger. Sie schoss auf ihre Füße und griff nach dem Stock. Sehr zu ihrer Überraschung traf ihre Hand auf Luft und der harte hölzerne Stock traf schmerzhaft auf ihren Unterarm. "Scheiße!! Was zur Hölle machst du Giovani?!", schrie Jess sich duckend, als die Waffe über ihren Kopf hinweg flog und gegen den Kalkstein schlug.
Jess sah ihre Chance, ergriff Mary und schleuderte sie gegen den Felsen. Von Angesicht zu Angesicht brannten sich wütende blaue in verschreckt grüne Augen. "Was... zum... Teufel... tust... du... da...?!", wiederholte Jess langsam, Mary an ihrem Hemd hochhaltend und sie über ihrem Kopf an den groben Felsen drückend. Mary keuchte und rang nach Atem, sagte aber nichts. "Sag's mir!", brüllte Jess, die kleine schlaffe Gestalt gegen den Stein krachend.
Mary hob ihre Hand um nach Jess' Handgelenk zu greifen. Jess bemerkte durch ihre blendende Wut, dass sich die Hand klein anfühlte und der Griff schwach war. Marys Hand fiel nach unten und sie gab ein gurgelndes Geräusch von sich. Jess' Augen konzentrierten sich wütend auf das kleine Gesicht, welches blau wurde. "Scheiße!", rief sie und ließ los. Mary holte einen ungleichmäßigen Atemzug, als sie an der Steinwand herunterrutschte.
Das nächste, was sie merkte, war, dass Jess ihr Gesicht mit einem feuchten Tuch abwischte. "Alles in Ordnung?", fragte die Kriegerin nervös. Mary nickte schwach mit müden Augen. "Du hättest mich nicht angreifen sollen. E... E... Es ist als wenn ich die Kontrolle verliere, wenn ich physisch verletzt werde. Warum denkst du immer das Schlechteste von mir?"
Mary schluckte mühsam und rieb ihren schmerzende Kehle. "Es gab eine Zeit, in der ich es nicht getan habe, aber jetzt weiß ich es besser, Jess", bemerkte sie bitter, als sie sich an der Felswand entlang wieder auf ihre Füße stellte.
"Das ist Vergangenheit!", knurrte Jess, ebenfalls aufstehend, so dass sie den Höhenvorteil behielt. Mary sah zu den roten Organen, die auf den Bananenblättern lagen. "So, was passiert hier? Was hast du mit Kallas Mord zu tun?"
"Was! Wie zum Teufel kommst du auf diese Idee?", rief die Ärztin, während sie versuchte ihren Ärger unter Kontrolle zu halten.
"Die Körperteile", Mary verzog das Gesicht, ihre Augen wanderten entsetzt zu den zwei roten Klumpen, die immer noch auf den zerrissenen Bananenblättern lagen.
Jess schnaubte in kaltem Ekel. "Das sind zwei Stücke einer Steinzeitschüssel. Die Leute graben sie in ihren Gärten aus und glauben, dass die Geister sie hinterlassen haben, damit das Dorf seine Opfergaben dort hinein legen kann. Sie sind mit Schweineblut bedeckt. Ich muss sie zurück bringen. Bleib hier. Du bist unsauber", schnarrte Jess erklärend und ließ die erschöpfte Journalistin zurück. Sie hob die zwei blutigen Steinteile auf und schob sich entlang des engen Rückens, um die sakralen Artefakte zurück in ihr Steinhaus zu stellen. Nun würden sie die Geister der Ahnen zurück zur Ruhe rufen und die Leute wären wieder sicher.
Jess tastete sich vorsichtig entlang des Vorsprungs zurück, bevor sie an Mary, ohne einen Blick zurück zu werfen vorbei ging und sich ihre Hände mit dem feuchten Fetzen sauber wischte bevor sie ihn achtlos in die Netztasche warf. "Hey! Du kannst mich doch nicht hier lassen!", krächzte Mary.
"Schau her", knurrte Jess den Pfad hinunter steuernd.
Mary fühlte, wie der Ärger in ihren Eingeweiden explodierte. Sie hob ihren Stock auf und brachte ihn wie einen Speer zum fliegen. Er landete im Schlamm zwischen Jess' Beinen und ließ sie mitten im Schritt stolpern. Die große Frau fiel fluchend mit dem Gesicht zuerst in den roten Lehm. Mit soviel Würde, wie Mary aufbringen konnte, hinkte sie zu Jess hinüber, die sich den Lehm aus dem Gesicht wischte und sagte ruhig: "Ich sagte, dass du mich nicht hier lässt, Vizirakis. Du hast mich hier her gebracht, also kannst du mich verdammt noch mal auch wieder mitnehmen!"
Für einen langen Moment herrschte tödliche Stille. Mary reichte hinunter ohne ihre Augen von Jess zu nehmen und zog ihre neue Waffe aus der weichen Lehmbank. Jess' Augenbraue und ein Mundwinkel zogen sich nach oben.
"Also hat Papas kleines Kätzchen doch Klauen", meinte sie.
"Und ob!" antwortete Mary mit einer fröhlichen Gehässigkeit. Jess nickte nachdenklich. Dann lehnte sie ihren Kopf zur Seite und grinste Mary müde an. "Also, wirst du mich mit deinem kleinen Stock schlagen, wenn ich jetzt aufstehe, um das Belem zu holen?" "Das hängt ganz davon ab, ob du mich nach Hause bringst, oder wir beide als Krüppel kämpfend diesen Berghang hinunter rollen", sagte Mary und griff den Stock fester.
Jess seufzte und stand auf. Als sie Mary auf ihrem Weg zum belem passierte, schnappte sie den Stock aus den Händen der kleineren Frau. "Strapazier dein Glück nicht", sagte sie zu der erschrockenen Journalistin, bevor sie den Stock zurück in die Hände der kleineren Frau warf und ging, um das belem zu holen.
Mary beobachtete, wie Jess die Blätter reinigte und die Netztasche umhängte. Die Ärztin kam den Pfad wieder zurück, ihre Augen waren auf Mary fixiert. Für eine Minute standen sie da und sahen einander an. Dann seufzte Jess und drehte sich um. "Also gut, Giovani", sagte sie barsch und bückte sich. "Ich muss nach einem Körper sehen." Mary legte ihre Arme um Jess' Hals und die starke Frau hob sie auf ihren Rücken. Sie steuerten den Pfad in einem stillen, kalten Waffenstillstand hinunter.
*****************
An diesen Nachmittag legten Jess und Mone, der wieder im Lager erschienen war, nachdem sie ohne die Steine zurückgekehrt waren, die Leiche des ermordeten Mannes in einen Leichensack und trugen ihn auf einer Bahre zurück in sein Dorf. Mary stand still da, als sie vorbei gingen. Sie wusste nicht, ob der Dorfbewohner es wollen würde, aber sie sandte ein kleines Gebet an Gott, um ihn zu bitten, für seine junge Seele zu sorgen.
Am nächsten Tag sah Mary Jess nur von weitem. Sie war beeindruckt, wie Jess bei dem kleinem Vorposten arbeitete, um den Kranken zu helfen. Vorsichtig auf ihrem kranken Fuß gehend, erkundete Mary das kleine Lager. Jeden Tag kamen schüchterne, lachende Frauen aus den nahen Dörfern und brachten die Nahrung, die sie für die Patienten zubereiteten. Mone und Jess schienen zu essen, wenn ihnen danach war. Mary wurde gesagt, dass sie sich selbst bedienen sollte, wenn sie irgendetwas wollte.
Wenn sie Zeit hatte und Mone nicht im Lager helfen musste, stand Mary auf und sah auf das unterhalb liegende Tal hinunter, wo der Fluss Lia durch den dichten Dschungel donnerte. In den Bäumen saßen wilde, exotische Vögel, die sich zuzwitscherten und manchmal konnte man aus der Ferne Trommeln und den Gesang von Stammesleuten hören. Es war ganz anders als der Lärm von schwerer Maschinerie und lauter Unterhaltung, die Teil der Bergbaugemeinschaft gewesen waren, die Mary untersucht hatte. Die nahezu nackten Dorfbewohner, die ihre Schweine hüteten oder ihre Gärten mit Werkzeugen wie aus der Steinzeit bearbeiteten, faszinierten Mary.
Sie hatte sich schnell mit Mone angefreundet, dessen Aufgabe es zu sein schien, sich zu vergewissern, dass das Leben sowohl in der Klinik, als auch im Lager glatt lief. Als Mary anbot, die Mahlzeiten für die drei von ihnen zu bereiten, strahlte er vor Freude und Mary wusste, dass sie einen treuen Freund gewonnen hatte. Die Speisekammer war nicht übermäßig aufregend. Konserviertes, gepökeltes Rindfleisch, Fisch und Schinken schienen neben Gemüse, welches Mary von den lokalen Frauen tauschen konnte, die Grundnahrungsmittel zu sein. Hauptnahrungsmittel waren Süßkartoffeln. Mary war entschlossen, dass der Propankocher und die beschränkte Nahrungsauswahl sie nicht davon abhalten würden Jess zu zeigen, dass sie keine Treibhausblume war.
Zum Abendessen bereitete sie Süßkartoffelpastete, welche sie für ziemlich gut hielt. Sie deckte den Tisch und pflückte wilde Orchideen, die sie in einem leeren Erdnussbuttertopf auf den Tisch stellte. Um sechs kam Mone und beäugte die Pastete misstrauisch. Er weigerte sich zu essen, bis Doktor Jess von ihrem Rundgang zurückgekehrt war.
Als Jess ankam und Mones misstrauisches Gesicht und Marys Stirnrunzeln sah, lachte sie. "Was ist denn da so lustig?", fragte Mary, ihre Hände an ihrer Hüfte.
"Er fürchtet, dass du versuchst ihn zu töten. Du weißt, Hexerei. Er kann nicht sagen, was dort drin ist!", lachte Jess und zeigte auf Marys schöne Pastete.
"Mone! Wie kannst du nur so etwas denken?", schrie Mary schockiert und beunruhigt. Mone sagte nichts, aber lächelte verlegen und ließ den Kopf hängen.
Jess antwortete für ihn "Warum sonst würdest du sein Essen für ihn derart unkenntlich zubereiten?", fragte sie.
Mary wandte sich Mone zu "Mone, entschuldige. Ich hatte nicht vor, dich durcheinander zu bringen. Würde es helfen, wenn Jess und ich zuerst essen würden? Ich weiß, dass du mich nicht gut genug kennst, um mir schon zu vertrauen."
"Mone hat keine Zeit zu essen. Iss ohne uns, wir machen uns später einige Sandwitches. Wir haben einen Fall von Blinddarmentzündung rein bekommen, der nicht warten kann. Komm Mone", befahl Jess.
"Aber Mone sagte mir früher, dass du nicht vorhattest heute zu operieren", argumentierte Mary hinter Jess verschwindender Figur her humpelnd. Die Ärztin wirbelte plötzlich herum und Mary rannte unerwartet genau in sie. Jess packte sie an ihren Schultern und kam ganz nah an ihr Gesicht heran. Mary konnte Jess' Atem schmecken und sah wie sich die weiche Haut über die festen Muskeln spannte. Jess' Hände gruben sich schmerzhaft in ihre Schultern und sie gab einen überraschten Atemzug von sich.
"Du solltest eins verstehen Eiskönigin, meine Arbeit kommt zuerst und ich treffe die endgültigen Entscheidungen hier. Das Hochland von P.N.G. ist kein Ort für eine verdammte Teeparty." Damit wirbelte sie herum und ging. Von Jess' Griff befreit, fühlte sich Mary, als ob ihre Knie durch den emotionalen Stress nachgeben würden. Mary war von der Kraft, die von der großen Ärztin ausging erschüttert.
Pfannen umher stoßend wusch Mary ab und stellte die Kartoffelpastete unberührt in den Propankühlschrank. Ihr Fuß war geschwollen, und sie war müde und den Tränen nahe. Die Tage im Hochland waren warm aber nachts wurde es ziemlich frostig. Mary zitterte und steuerte auf ihre Hütte zu. Gelbes Licht strömte aus dem Operationsgebäude. Sie hoffte, dass das kleine Mädchen in Ordnung und Jess' plötzliche Änderung in ihren Plänen nicht das Ergebnis irgendeiner Komplikation gewesen war. Schnell zog sie sich ihre Schlafkleidung an und kroch unter die Decke.
Viel später wachte sie zum Klang von Mones und Jess' Stimmen auf. Dann herrschte Stille. Jetzt außerstande zu schlafen, zog sie einen Pullover über und steuerte auf die Station zu, um zu sehen, ob das Kind in Ordnung war. Dort saß eine sehr müde aussehende Jess neben dem Bett eines friedlich schlafenden Kindes.
"Was tust du hier?", fragte sie erschreckt flüsternd.
"Ich arbeite hier", antwortete Jess sarkastisch und hob eine Augenbraue. "Was tust du hier?"
"Ich bin gekommen, um zu sehen, ob sie in Ordnung ist", antwortete Mary defensiv. "Denkst du, dass es solch eine große Gefahr ist, wenn man mich als Ärztin hat?", fragte Jess, ihre langen Beine ausstreckend und die Arme selbstgefällig verschränkend.
Mary fühlte ihr Temperament steigen. Es war klar, dass Jess beabsichtige, ihr Leben so schwer wie möglich zu machen. "Nun, der Pilot ist tot, oder?", schnippte sie.
Jess war im Bruchteil einer Sekunde auf den Füssen und erhob sich über Mary. "Sieh, der Pilot... er... sieh...", stotterte Jess wütend. Sie reichte hinüber und ergriff Marys Arm, bevor sie sie in den nächsten Raum schliff und sie auf die Liege hob.
"Nein! Tu es nicht!", schrie Mary, sich frei kämpfend, fürchtend, dass Jess vorhatte, wieder mit ihr zu schlafen.
Aber Jess war schon zurückgewichen. "Schmeichel dir nicht selbst Eiskönigin. Was vorher in deiner Hütte geschehen ist, war nur eine Reaktion auf die Isolation. Jede nackte Frau, die ihre Hände unter meinem Hemd hat, hätte die selbe Reaktion von mir bekommen können."
Mary lief bei Jess' grausamen Worten rot an. Dennoch schlug sie mit der gleichen Gehässigkeit zurück.
"Ich bin sicher, dass du nie übereifrig gewesen bist. Du bist wie eine streunende Katze, liebst sie und verlässt sie."
"Um Himmels Willen! Komm darüber hinweg Giovani! Wir waren Kinder!", knurrte Jess frustriert ihre Arme in die Luft werfend und sich wegdrehend. "Wohin bist du gegangen?", fragte Mary ruhig.
"Militär. Ich hab es als Kadett durchgehalten, da ich wusste, dass ich meine Ausbildung nur bekommen würde, wenn die Armee dafür zahlt. Ich habe meinen Dienst vor einigen Jahren beendet", offenbarte Jess unbeholfen. Sie hockte sich hin und durchwühlte einen Kasten. Ein Stück Metall herausziehend drehte sie sich um und kam dahin zurück, wo Giovani saß.
"Siehst du das?", sagte Jess das Bruchstück hochhaltend, "Ich habe es als Beweis behalten. Ich habe es aus dem Brustkorb des Piloten gezogen."
Das Blut verschwand aus Marys Gesicht und das Zimmer verschwamm. Mary hörte Jess aus weiter Ferne fluchen. Dann ergriffen sie starke Arme. Mary klammerte sich traurig schluchzend an Jess. Jess flüsterte lindernde Worte in ihr Ohr, bis sie sich beruhigt hatte. Sie blieben so für einige Zeit stehen, Marys Kopf gegen Jess' Schulter und Jess' Kinn in Marys weichem duftendem Haar ruhend. Dann fuhr Jess erschreckt zurück. "Hör zu Giovani, ich will keine Komplikationen. Ok, wir haben eine Vergangenheit und vielleicht gibt es immer noch einen Bedarf daran, aber ich bin nicht interessiert. Ich kenne deine Sorte, Giovani und ich habe zu lange und zu hart gekämpft, als das ich es jetzt von dir ruinieren lasse."
Mary glitt von der Liege und stellte sich aufrecht hin, ihr Körper zitterte vor Wut. "Meine Art? Meine Art? Was genau ist meine Art Jess; reich, italienisch, immigriert, katholisch, lesbisch, weiblich, Journalistin? Was genau ist es an mir, das dich kränkt? Vielleicht ist es nur, dass du weißt, dass du nicht gemäß der Gastgeber und ihrer Liebe leben konntest. Ich erinnere mich Jess, es war heiß, wirklich heiß", quälte Mary boshaft.
Das Metall flog krachend gegen die Wand und fiel klappernd zu Boden. "Lass meine Erinnerungen in Frieden, du verdammte Schlampe!", brüllte sie.
Mary zeigte Jess den Mittelfinger und hinkte zur Tür. "Ich hasse dich!", schrie sie, als sie in die Nacht hinaus brach.
Zurück in ihrer Hütte war sie in der Lage festzustellen, dass sie Jess entgegengewirkt hatte, aber sie wurde immer noch von der Gewalttätigkeit der Antwort der Frau geschüttelt. Sie würde aufpassen müssen. Sie wusch sich ihre Hände und ihr Gesicht und wechselte ihre zerknitterte Kleidung. Über das Lager blickend, konnte sie sehen, wie Jess' Silhouette auf der Krankenstation hin und her ging. In ihrem Gedanken konnte sie die Stimme ihrer Mutter hören 'Meine Liebe, was erwartest du. Das arme Mädchen ist in unserer Scheune aufgewachsen' und die praktische Antwort ihres Vaters 'Wie alle reinrassigen Tiere!' War Jess ein reinrassiges Tier oder war sie einfach nur unhöflich und gewalttätig? Mary stellte fest, dass ihre Emotionen eine wirbelnde Masse von Widersprüchen waren.
Mary kroch ins Bett und schlief bald vor Erschöpfung ein. Sie bemerkte die starken, sanften Hände nicht, welche in dieser Nacht eine zusätzliche Decke um sie legten und leise ihre von Tränen gespannten Wangen küssten.
*************
Drei Tage nach dem Mord im Lager fand Mary Jess immer noch über ihrem Kaffe in der Küche.
"Morgen", sagte Mary steif und begann ihr Frühstück zu bereiten.
"Der Morgen hat vor drei Stunden begonnen", antwortete Jess trocken.
"Der Teufel soll dich holen, Vizirakis", antwortete Mary fröhlich, als sie Erdnussbutter auf Weizencracker schmierte, bevor sie eine Banane schälte.
Jess zuckte mit den Schultern. "Ich muss heute zur Beerdigung des Jungen gehen. Sie ist in dem Dorf, das hinter dem nächsten Kamm liegt."
Mary blickte auf "Ich will auch hin gehen."
"Ich werde dich nicht tragen", sagte Jess, den letzten Rest ihres Morgenkaffees hinaus ins Gras schüttend.
"Ich kann diese Strecke gehen, wenn ich langsam laufe. Du musst mir nur den Weg sagen", sagte Mary zwischen zwei Bissen ihres Frühstücks. Sie saß an einem der kleinen Tische, ihr Rücken war absichtlich zu Jess gewand.
"Du sollst nicht alleine im Hochland herum laufen", befahl Jess "Wenn es dir so wichtig ist, gehe ich langsam."
Mary hielt ihren Rücken weiter zu Jess, obwohl ein Lächeln in ihren Augen funkelte. Es war eine Entschuldigung! Eine seltsame vielleicht, aber Jess versuche auf ihre eigene Art sich für ihren Kampf zu entschuldigen. Sie konnte sie auf halbem Weg treffen. "Danke, das wäre gut. Wann möchtest du gehen?", antwortete sie förmlich, sich immer noch nicht umdrehend.
Jess ging zu der Schüssel hinüber, die auf dem Herd stand und ließ ihre Tasse ins Wasser fallen. Jetzt musste Mary ihren Rücken sehen! "Eine Stunde", sagte Jess sich umdrehend, um Mary anzusehen. Dies war das erste Mal, dass sie seit ihrer Auseinandersetzung auf der Krankenstation zusammen im selben Zimmer waren.
"OK", antwortete Mary, als sich ihre blicke erneut trafen.
"Ich habe eine Frage wegen meines Fußes Doktor", fuhr Mary fort.
"Ja", antwortete Jess ihre Haltung änderte sich unbewusst von steifer Formalität zu besorgter, ernsthafter Professionalität.
"Ich möchte wissen, welche Übungen ich machen kann, um den Fuß zu stärken, so dass ich aufhören kann, zu hinken", erklärte Mary während sie sich bewusst zum Ofen bewegte, wo Jess stand und begann, ihr Frühstücksgeschirr abzuwaschen. Sie ließ ihr Geschirr in die Schüssel fallen, bevor sie merkte, dass Jess ihr nicht geantwortet hatte. Sie blickte zur Seite und stellte Kontakt mit einem Paar besorgter blauer Augen her. "OK", sagte sie ruhig, obwohl sie fühlen konnte, wie sich ihre Eingeweide zusammenzogen, "Was hast du mir nicht erzählt?" Sie drehte sich um und blickte Jess wartend an.
Die Muskeln in Jess' Hals bewegten sich, als sie schluckte. "Du benutzt deine Zehen, um dich fort zu bewegen. Ohne Zehen kannst du dies nicht tun. Das bedeutet, dass du das Gewicht auf dein anderes Bein verlagern und dein kaputtes Bein nach vorne schwingen musst. Du wirst für immer hinken", erklärte Jess ehrlich. Für einen Moment blickten die zwei Frauen einander an. Mary versuchte mit der Nachricht klarzukommen, ohne Jess ihre Emotionen sehen zu lassen, während Jess auf die Explosion wartete.
"Ich verstehe", sagte Mary ruhig, "Ich werde sie dann hier in einer Stunde treffen, Doktor", antwortete Mary endlich. Sie fegte an Jess vorbei und hinkte zurück zu ihrer Hütte. Sobald sie im Inneren war, warf sie den Stock gegen die Wand, ihr Kiefer war weiß vor Wut. Diese Gott verdammte Höllenschlampe musste sie immer verletzen!
********************
Eine Stunde später verließen sie das Lager im Schneckentempo dem Bergrücken Richtung Osten folgend. Marys Gesicht war ungewöhnlich kontrolliert und ausdruckslos, als sie mit ihrem ungleichmäßigen Gang lief. Normalerweise gesprächig und neugierig, war sie heute still.
Räuspernd bemüthe sich Jess: "Im Moment ist in diesem Gebiet viel los. Es ist eine sehr unsichere und gefährliche Zeit, da die Leute dabei sind, das 'Timp' zu fangen. Das 'Timp' ist die Geisterwelt, die vereinte Kraft der Geister der Toten. Die Dorfbewohner haben Angst vor ihnen. Die Timpkulte verlaufen in etwa zwanzig Jahre langen Zyklen und wir kommen gerade zum Ende von einem. Außerdem gibt es einen ernsten Länderstreit in Mendara. Die Dorfbewohner versuchen ihn zu beenden, in dem sie ein Cassowary Rennen veranstalten."
"Sie veranstalten ein Wettrennen mit Cassowarys?! Du meinst diese großen Vögel, die wie Strauße aussehen?!", unterbrach Mary, gefangen von dem, was Jess erzählte und vergaß die Peinlichkeit ihres Ganges, mit welcher sie für den Rest ihres Lebens umgehen müssen würde.
"Ja, diese Vögel, aber sie lassen sie nicht laufen. Es ist ein Rennen, bei dem man guckt, wer das Meiste sammeln kann, bevor der Tag kommt, an dem sie mit ihren Cassowarys, Schweinen und anderen Reichtümern prahlen und sie schlachten. Es ist eine Art von 'Potlatch'. Die Seite, die die meiste Kraft durch die Morde und das Tauschen gewinnt, gewinnt den Streit", erklärte Jess.
Mary verzog ihre Braue in Gedanken "Dieses Rennen sollte den Streit dann also beenden?"
Jess war für eine Minute ruhig "Vielleicht, aber wegen dem Mord im Lager wird jetzt 'Pay-back' stattfinden. Das könnte zu einem Stammeskrieg führen."
"'Pay-back' - davon habe ich schon mal gehört. Das ist Morden aus Rache oder?", sagte Mary.
Jess drehte sich um und bot Mary ihre Hand an, um ihr einen steilen erodierten Damm glatten, roten Lehms hinunter zu helfen. Mary bewegte sich vorsichtig seitwärts tretend, wie eine Krabbe. Der Druck schmerzte ihren Fuß, aber sie biss ihre Zähne zusammen und sagte nichts. Nachdem sie am Boden war, ließ Jess Marys Hand los, sobald sie ausbalanciert war. "Ja, es ist Töten aus Rache", Jess setzte ihre unterbrochene Konversation fort, während sie langsam weiter ging. "Es ist notwendig, das Gesicht zu wahren. Wenn Kalla nicht gerächt wird, dann scheint es, als wären seine Verwandten schwach. Schwäche ist ein Zeichen eines 'Rubbishman', einer nutzlosen Person. Es gibt kein schlechteres Etikett", erklärte Jess mit Gefühl. "Außerdem wird Kallas 'Timp' nicht ruhen, bis er begraben und sein Mord gerächt ist. Alle Geister sind gefährlich. Sie können Krankheiten in ein Dorf oder eine Dürre ins Gebiet bringen. Kallas verärgertes 'Timp' könnte sie dazu bringen das Cassowary Rennen zu verlieren, oder all die anderen 'Timps', die die letzten zwanzig Jahre von den Dorfbewohner sorgfältig gefangen gehalten wurden, freilassen. Dann würde das Chaos ausbrechen."
Danach gingen sie in Stille weiter. Mary musste sich auf den unregelmäßigen Boden konzentrieren, so dass sie nicht ihr Gleichgewicht verlieren würde und Jess war in düstere Gedanken versunken.
Mittlerweile konnten sie das Trauerklagen der Frauen hören. Es war ein geisterhaftes Geräusch, das die grasigen Hügel heimzusuchen schien, über die sie gingen. Als sie noch näher kamen, konnten sie wütende Männerstimmen hören, die das Klagen übertönten.
Sie kamen schnell auf das Dorf zu, als sie einen Felsvorsprung umgingen und ein Holzgebiet betraten, dessen immergrüne Bäume Yar genannt wurden. Das Dorf war typisch für das Hochland. Es gab ein großes offenes rechteckiges Feld, welches das Singsingterrain des Dorfes darstellte. Dies war der Ort, an dem alle größeren sozialen und politischen Versammlungen stattfanden. An den Rändern gab es einige Grashütten und ein 'Haus des Mannes'.
Jess erklärte, das die Männer traditionell nicht mit ihren Frauen zusammenlebten. Frauen wurden wegen ihres Menstruationszyklus für unsauber gehalten. Wenn ein Mann zu viel Zeit mit Frauen verbrachte wurde er schwach und seine Haut trocknete aus. Seine Knie wurden zittrig und er konnte seine Pfeile nicht mehr sicher schießen. Die zwei Frauen tauschten einen wissenden Blick aus und fingen an zu lachen und ein Teil der Feindseligkeit, die ihre Konversation so steif gemacht hatte, löste sich auf.
"Wo leben die Frauen?", fragte Mary, als sie merkte, dass sie in der letzen Stunde mehr über die traditionellen Wege der Leute gelernt hatte, als in all der Zeit, die sie am Bergbaulager gewesen war.
Jess änderte die Richtung und führte Mary zur Seite des Dorfes. Sie zeigte eine Neigung hinunter, wo ein Feld in ordentliche Hügel unterteilt worden war. Im Zentrum des Feldes stand eine von Bananenstauden umgebene Grashütte. "Jeder Mann hat sein eigenes Haus in seinen Feldern. Seine Ehefrau, Kinder und Schweine leben alle zusammen. Wenn ein Junge mit etwa 12 durch seine Aufnahmeriten gegangen ist, zieht er in das Haus des Mannes um", erklärte Jess.
"Was züchten sie in den Hügeln?", fragte Mary, auf die Felder zeigend.
"Süßkartoffeln, es ist das Hauptnahrungsmittel im Hochland", antwortete die größere Frau über die Felder blickend. "Die Hügel verhindern Wurzelfäule und das Wasser des Nachmittagmonsuns läuft ab."
"Wenn die Frauen, Kinder und Schweine alle am selben Ort leben und die Männer sich eine Hütte teilen, ahh, ich meine wo tun sie... du weißt?!", fragte Mary, als das Rot ihren Hals hinauf schlich.
Jess drehte sich um und sah mit einem Hauch eines Grinsen auf ihrem Gesicht auf Mary hinunter. "Normalerweise irgendwo im hohen Gras. Aber sie haben einen Brauch, der irgendwie süß ist. Wenn ein Mann ein Mädchen umwirbt, geht er sie besuchen und sie machen 'Turn-em-head'", erklärte Jess.
"Was?!", fragte Mary lachend, während sie sich umdrehte, um zu Jess hinaufzusehen.
"'Turn-em-head'. Sie reiben ihre Köpfe, Hälse und Gesichter langsam aneinander. Küssen ist kein Teil ihrer traditionelle Kultur. 'Turn-em-head' ist eine gebende Erfahrung, keine nehmende", erklärte Jess, sanft in Marys grüne Augen schauend.
Mary leckte sich ihre Lippen und sah weg, um die Spannung zu verringern. "Es klingt, als hättest du eine Menge Erfahrung damit gehabt Liebe zu machen", lachte Mary leicht, obwohl sie sich tief drinnen einer unangemessen Eifersucht bewusst war.
"Wir sollten besser zur Beerdigung gehen", antwortete Jess abrupt und steuerte schnellen Schrittes auf das andere Ende des Dorfes zu, wo man den Klang des traurigen, lauter und leiser werdenden Klagens hinter verärgerten, schreienden Männerstimmen hören konnte.
Mary folgte Jess' kleiner werdenden Gestalt. Die Luft enthielt jetzt einen unangenehmen Gestank von Fäule. Am Ende des 'Singsingterrains' fiel das Land noch einmal ab. Von oben konnte Mary jetzt die Beerdigung sehen. An einem Ende einer kleinen Lichtung standen die Frauen um zwei Pfosten herum, zwischen welchen der faulende Körper des toten jungen Mannes von einer horizontalen Stange hing. Der Körper war in getrocknete Farnwedel gewickelt und nur die Füße und die Spitze des Kopfes konnten gesehen werden. Körperflüssigkeiten tropften heraus und die Frauen bewegten sich vorwärts und fingen die Flüssigkeit in ihren Händen bevor sie sie aneinander rieben, während sie gequält klagten. Einige hoben ihre Arme über ihre Köpfe, als sie jammerten. Die Frauen waren mit grauem Lehm bedeckt und um ihren Hals war eine dicke schwere Schicht grauer Perlenhalsketten. Einige der Frauen hatte Hunderte von ihnen um, während andere nur wenige trugen. Am anderen Ende der Lichtung saßen die Männer auf dem Boden und hörten einem Mann zu, der stand und redete. In einer Reihe lagen die 'Kina' genannten Halbmondschalen auf dem Boden, welche zusammen mit Schweinen zum traditionellen Geldsystem der Hochlandleute gehörten.
Jess ging wieder zu Mary zurück. Zu Marys Überraschung trug Jess jetzt mehrere graue Halsketten und hatte grauen Lehm auf ihre Wangen geschmiert. "Frauen zeigen ihre Trauer indem sie diese aus den Samen der Job's Tears Pflanze gemachten Halsketten tragen. Außerdem tragen sie den grauen Lehm, wie wir Schwarz tragen würden. Normalerweise würde ich dieses Zeug nicht tragen, aber Kalla starb in unserem Lager. Es ist also politisch klüger, wenn wir zeigen, dass wir traurig darüber sind." Sie trat näher an Mary heran, während sie erklärte und den Schlamm auf Marys Wangen verbreitete, bevor sie einige Halsketten um ihren Hals legte.
"Andere Länder, andere Sitten...", zuckte Mary mit den Schultern und Jess lächelte dankbar.
Jess bot Mary eine Hand an und half ihr die Neigung hinunter, während sie in ihren Erklärungen fort fuhr. "Es wird nur um Männer getrauert und nur von den Frauen. Wenn eine Frau einem Mann nahe war, bleibt sie manchmal über ein Jahr im Trauerkleid." Jess führte Mary vorsichtig dort hin, wo sie in Windrichtung von der Leiche standen, als sie beobachteten, wie die Frauen klagten.
Nach einigen Minuten berührte die ältere Frau Marys Arm und sie gingen dorthin, wo die Männer saßen und diskutieren. "Es ist wichtig, dass Kallas Schulden abgezahlt werden, sonst wird sein 'Timp' dem Dorf böse Streiche spielen. Die Männer streiten darüber, wer was schuldet," erklärte Jess.
"Das sind 'Kina'- Muscheln, oder?", fragte Mary und zeigte auf ein lange Reihe von Halbmondmuscheln, die auf Blättern auf dem Boden lagen.
Jess nickte. "Sie wurden von der Küste hier hoch getauscht und waren zu dem Zeitpunkt, an dem sie hier ankamen, nur noch kleine Stücke. Die Männer haben Holzplatten gefertigt und die wertvollen Stücke in deren Zentrum gesetzt. Diese antiken 'Kina' werden 'Chob' genannt. Jetzt ist das 'Kina' leichter zu bekommen. Diese sind nicht gut. Sie haben nicht viel "Licht". Das sind die Perlenfarben. Jede dieser Muscheln ist etwa zwanzig australische Dollar wert, so dass Kallas Besitz für diese Leute etwa $ 400,00 wert ist. Man sollte nie auf die Rückseite der Muscheln gucken, da die Völker glauben, dass dadurch die Farbe von der Oberfläche verschwindet. Die gewebten Riemen sind dazu da, dass sie bei besonderen Anlässen getragen werden können."
Mary nickte verstehend, während sie Jess Wissen und Achtung vor den Traditionen des Stammes würdigte. Als sie dort standen, stand ein Dorfbewohner auf und kam zu Jess herüber und schüttelte ihr feierlich die Hand. Wie alle Männer trug er nur einen Rindengürtel und eine grundlegende Bedeckung. Er trug jedoch eine Halskette, die eine Schnur war, von der kleine Holzröhren in einer senkrechten Reihe an seiner Brunst herunter hingen. Um seinen Oberarm trug er gewebte Armbänder. Er redete mit Jess in Pidgin, während Jess in respektvoller Stille zuhörte. Am Ende nickte sie und sie schüttelten wieder die Hände.
"Zeit zu gehen", sagte sie zu Mary und führte sie am Arm weg.
"Was wollte dieser Mann?", fragte Mary mit Blick über ihre Schulter. Die Männer diskutierten wieder und ignorierten ihre die zwei sich zurückziehenden Gestalten.
"Er ist der Häuptling dieses Dorfes. Du kannst es an Hand seiner Brustplatte und seiner Armbänder erkennen. Er sagte mir, dass das Dorf 'Pay-back' will und dass ich es tun soll", erklärte Jess, als sie sich vorbeugte und die sprachlose Mary in ihre Arme hob, um sie die steile Böschung hinauf zu tragen, bevor sie sie am Rand des 'Singsingterrains' wieder auf ihre Füße stellte.
"Danke Jess", murmelte Mary still. "Was musst du tun, um 'Pay-back' zu bekommen?", fragte sie besorgt.
Jess zuckte mit den Schultern und ging von Mary gefolgt los. "Es bedeutet, dass ich den Mörder töten muss", offenbarte sie beiläufig, als sie ging.
Eine Sekunde später wurde sie durch einen festen Griff am Ellenbogen zum Halten gezwungen. "Du wirst niemanden töten!", erklärte ihr Mary, als sie entschlossen in Jess' erschreckte Augen hinaufsah.
"Doch werde ich, um die Wahrheit zu sagen. Ich muss dir damit vertrauen können", konterte Jess und blickte Mary herausfordernd an.
Mary machte ein mürrisches Gesicht und zog ihre Hand weg. "Jess, du kannst das nicht tun!", bat sie.
Jess legte eine starke Hand auf Marys Schulter und sah sie mit prüfenden Augen an. "Es ist eine Frage des Gesichtes, Mary. Es geschah in unserem Lager. Wenn ich dies nicht tue, werden wir Müll für die Leute sein und das bedeutet Schwierigkeiten ohne Ende für uns. Ich muss die Nachricht übermitteln, dass ich eine Kriegerin bin, die man nicht zum Narren hält. Verstehst du das?", fragte sie sanft.
Mary nickte elend "Ja, aber Mord Jess! Gibt es keinen anderen Weg?"
"Du musst mir bei dieser Sache vertrauen Mary, OK? Ich kann damit umgehen", sagte die ältere Frau, während sie unbewusst über Marys Schulter strich.
Mary schaute in jene unglaublichen blauen Augen, "Okay", stimmte sie widerwillig zu. Jess lächelte und sie gingen zusammen langsam zurück zum Lager. Auf dem Weg erklärte Jess, dass Kallas Körper zu den Klippen gebracht und unter Bambusstielen auf einem Kalksteinsims vergraben werden würde, sobald Kallas Schulden heute bezahlt wurden.
Mary war glücklich, als sie erfuhr, dass der junge Mann schließlich in Frieden ruhen würde. Doch dann fuhr Jess fort und erklärte, dass nachdem das Fleisch verwest war, der Schädel entfernt und in kleine überdachte Stände im Familiengarten gestellt werden würde. Auf diese Art würde sein Geist jeden verjagen, der versuchte, aus ihrem Garten zu stehlen. Jess zeigte auf eines der kleinen Schädelhäuser, als sie an einem der Gärten vorbeigingen. Jess schien zu meinen, dass dies eine sehr praktische Verwendung für die Toten war, aber Mary war betrübt darüber, dass dies Kallas Schicksal sein würde.
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Für die nächsten Tage arbeitete Mary im Lager. Ihre Beziehung zu Jess war, obwohl nicht freundlich, wenigstens nicht mehr so feindlich, wie vorher. An dem Nachmittag, an dem sie vom Begräbnis zurückgekehrt waren, hatte Mary Tee für Mone gemacht und sie hatten am Tisch gesessen und geredet, während es draußen regnete. Mone schien seine Nachmittagspause mit Mary zu genießen. Sie war schnell zur Routine geworden, eine, die Jess nicht teilte. Mone brachte ihr den Tee ins Büro, wo sie an ihren Berichten arbeitete. Es war Mone von dem Mary am nächsten Tag erfuhr, dass Jess in einem Stuhl in der Krankenstation oder auf dem Operationstisch geschlafen hatte, seit Mary im Lager war!
Nach dem nachmittäglichen Regen ging Mary zu Jess' Büro herüber und klopfte an den Türrahmen. Jess saß über einem Bericht gebeugt. Als sie aufblickte, sahen ihre Augen müde und entzündet aus. "Wir müssen reden", sagte Mary sanft, "kann ich reinkommen?"
Jess stand auf, nickte und zog einen Stuhl heran, damit Mary sich setzen konnte. Nachdem Mary sich gesetzt hatte, setzte sich auch die nervös aussehende Ärztin. "Reden wir als Doktor und Patient?", fragte Jess.
"Nein. Wir reden... als Freunde. Du kannst nicht acht Wochen lang in einem Stuhl schlafen, Jess", sagte Mary, was Jess dazu veranlasste verärgert mit den Augen zu rollen.
"Ich habe ein Feldbett, dass ich manchmal aufstelle", argumentierte Jess verlegen, während sie konzentriert auf ihre Finger blickte, welche Muster auf der Schreibtischfläche zeichneten.
"Ja, ich weiß", sagte Mary, "und ich habe Mone darum gebeten, es in deine Hütte zu bringen." Mary sah in die starr aufblickenden, blauen Augen. "Es gibt keinen Grund, warum wir die Unterkunft nicht teilen können. Ich denke, dass wir wissen, wo die Grenzen in unserer... Freundschaft sind", fuhr Mary in einem geschäftsmäßigen Ton fort.
Für einige Minuten trafen Blau und Grün in einem inneren Kampf aufeinander. Dann nickte Jess, "Ok. Schnarchst du immer noch?", fragte sie und kippte ihren Kopf zu einer Seite, während sie Mary ansah. "Ich schnarche nicht!!!", leugnete Mary hitzig. Jess hob eine Augenbraue, sagte aber nichts.
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Bevor sie sich in ihre Hütte zurück gezogen hatten, sah Mary Jess nur noch aus einiger Entfernung. Dort stand Jess' Bett nur einen Fuß von ihrem entfernt. Sie konnte hören, wie Jess Mone gute Nacht sagte. Schnell zog sie ihre Schuhe aus, sprang ins Bett und drehte sich mit dem Rücken zum Raum.
Sie hörte Jess hereinkommen und sich durch das Zimmer bewegen. Dann wurde die Kerze, die nachts die einzige Lichtquelle war, ausgeblasen.
"Schläfst du normalerweise mit Kleidung?", fragte Jess träge, während sie sich im Dunkeln auszog und in ihr Feldbett neben Mary schlüpfte. Mary spürte Jess mit jeder Faser ihres Körpers neben sich liegen. Sie wagte es nicht ihr zu antworten und blickte stur auf die gegenüberliegende Graswand. Dies würde wesentlich schwerer werden, als sie gedacht hatte. Sie konnte den pikanten Geruch wahrnehmen, der Jess zueigen war und das Rascheln der Decke gegen Jess' nackten Körper hören. Mary schlief sehr spät ein und träumte von den beiden antiken Geliebten.
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Als sie am nächsten Morgen erwachte, war Jess schon auf ihrem morgendlichen Rundgang. Mary stand mit einiger Anstrengung auf und ging erschöpft ihren Morgenritualen nach, bevor sie zur Küche rüber ging, um ihren Kaffe zu trinken, der das Ende ihres Aufwachprozesses darstellte. Jess wartete dort.
"Guten Morgen, um was soll ich mich kümmern", fragte Mary verschlafen auf die und steuerte auf die Metallkaffeekanne zu, die permanent auf dem Ofen stand. Jess sah überrascht aus. "Was lässt dich glauben, dass ich mit dir reden muss?", fragte sie, während sie sich umdrehte und gegen eine der Holzstützen lehnte, die den mit Stroh gedeckten Raum hielten.
Mary lächelte und goss sich Kaffee ein bevor sie herüber kam und sich an den Tisch setzte. "Du trinkst deinen Morgenkaffee nie hier drin, es sei denn, du wartest auf mich. Was ist los?"
Jess runzelte die Stirn und drehte sich um, um über das Lager hinauszusehen. "Ich habe Dinge arrangiert. Der Mord wird heute statt finden", sagte sie leise.
Mary stellte ihren Becher hin, stand auf und ging zu Jess herüber, um ihre Hand auf den Arm der größeren Frau zu legen. "Jess, ich will nicht, dass du irgendjemanden tötest", bat sie.
Sie blickte traurig lächelnd zu ihr herunter. "Mary, ich war ein Dutzend Jahre bei der Armee- beim Sonderkommando. Wenn du versuchst, meine Seele zu retten, ist es zu spät", seufzte sie.
Mary bewegte sich näher und bevor es eine von ihnen wusste, ruhte ihr Kopf unter Jess' Kinn und sie hielten einander umarmt. "Du musst mir vertrauen, Mary. Bitte." Mary nickte mit ihrem Kopf, aber wusste in ihrem Herzen, dass sie Jess nicht irgendjemanden angreifen und töten lassen konnte.
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Sie verließen das Lager einige Zeit später und bewegten sich entlang der Gebirgskämme, die sie tiefer in das isolierte Gebiet führten. Schließlich kamen sie zu einem engen Pfad, der sie durch hohes pitpit Gras führte, das über ihre Köpfe ragte. An einigen Stellen verbreiterte Jess den Pfad mit Hilfe ihrer Machete. Mary bemühte sich, fand es aber schwer, sich mit ihrem gelähmten Fuß nicht in Wurzeln und Gebüschen zu verfangen. Endlich kamen sie zu einer niedrigen Wiese. Dort fanden sie einen Mann, der neben einem hohen Yar Baum stand.
"Apinum", grüßte Jess den Mann, dessen Gesicht an das eines Frettchens erinnerte. Die Augen des Mannes rutschten zu Mary herüber. Der Blick war kalt und mit Hass gefüllt. "Dispela misses, wontok bilong mi", erklärte Jess.
Mary verstand genug Pidgin, um zu wissen, dass Jess ‚Nachmittag' gesagt und erklärt hatte, dass Mary ein ‚wontok' oder Stammesverwandter von ihr war. Der Mann nickte.
Jess wandte sich Mary zu. "Das ist Touy. Er kommt zur Behandlung in die Klinik und ist nicht allzu froh darüber. Touy ist ein sehr mächtiger Medizinmann. Er wird uns helfen, den Mörder zu identifizieren und ihn dann mit Zauberei zu töten."
Marys Augen weiteten sich vor Überraschung, aber sie schaffte es mit viel Anstrengung nichts zu sagen. Jess bemerkte ihren Kampf und lächelte wissend. Nach lautem Handel einigten sie sich auf einen Preis, der sowohl zu Jess' als auch Touys Zufriedenheit war. Jess reichte in ihre Tasche und zog einige schmutzig aussehende Banknoten heraus. Mary wusste, dass das Papiergeld der Papua Neu Guineanischen Regierung auch Kina genannt wurde.
Touy nahm das Steinbeil von seinem Gürtel und gab es Jess. Jess nahm es und kommentierte höflich seine Qualität. Dann ging sie und schlug eine tiefe Kerbe in den Yarbaum. Mary war überrascht, wie gut das primitive Steinbeil die Holzspäne zum Fliegen brachte. Natürlich war Jess diejenige die es führte. Mary konnte sehen, wie sich ihre Muskeln unter ihrem Baumwollhemd bewegten. Jess ging auf die andere Seite, überprüfte, ob alles in Ordnung war, bevor sie den Baum mit einer Reihe mächtiger Schläge fällte.
Sie drehte sich um, kehrte zu Touy und Mary zurück und gab ihm sein Beil. Sie atmete nicht einmal schwer! Touy grunzte und ging zum Stamm hinüber. Sorgfältig schlitzte er die Rinde auf und zog ein 30 cm breiten und etwa 6 m langes Stück ab. Diese frisch geschnittene Rinde legte er mit der Innenseite nach oben auf den Boden. Durch den Baumsaft war sie nass und rutschig.
Touy kehrte zu den beiden Frauen zurück und nahm ein Dutzend glänzender, schwarzer Steine aus einer Ledertasche, die um seinen Hals hing. Jess nickte, woraufhin Touy seine Hand schloss und zu der auf dem Boden liegenden Rinde zurückkehrte. "Das sind ‚hotam', nur bestimmte Männer haben die Kraft solche magischen Steine zu halten. Die Leute glauben, dass sie große Kraft haben", erkläre Jess flüsternd.
Die zwei Frauen beobachteten Touy, der die tödlichen Steine an das eine Ende der Rinde legte. Dann ging er zum anderen Ende, bevor er sehr vorsichtig die rutschige Rinde entlang lief, einen Stein aufhob, sich umdrehte und vorsichtig wieder zurück ging. Er wiederholte diesen Prozess bis er alle Steine eingesammelt hatte. Touys Stimme stieg und fiel in einem primitiven Sprechgesang, als er arbeitete. "Dieser Stein wird sehr mächtig sein, wenn er auf der Rinde nicht ausrutscht. Er könnte vielleicht vier oder fünf Leute töten. Die, die er aufhebt, wenn er ausrutscht sind nicht so mächtig. Er ist sehr vorsichtig und diese Steine werde einen sehr tödlichen Zauber enthalten", erklärte Jess.
Nachdem Touy wieder alle Steine in der Hand hielt, ging er zu dem auf dem Boden liegenden Baum hinüber. Er setzte sich in einiger Entfernung auf den Boden und schloss seine Augen. Dann warf er die Steine in Richtung der Narbe, die entlang des Baumes verlief. Während er dies tat rief er einen Namen. Der Stein verfehlte den Baum. "Was tut er da?", fragte Mary von der Vorstellung fasziniert.
"Er versucht den Mörder ausfindig zu machen. Er ruft Namen auf und wenn der Stein auf den Baum trifft wird das die schuldige Person sein", murmelte Jess.
Mary sah geschockt auf. "Jess! Man kann doch niemanden auf diese Weise für ein solches Verbrechen für schuldig erklären!"
"Shhhh!", funkelte Jess Mary finster an.
Mary verstummte, obwohl sie nicht im geringsten froh über diese Situation war.
Der fünfte Stein traf den Baum und der Name war Rimrapasi. Touy drehte sich um und sah Jess mit einem Grinsen auf dem Gesicht an. Jess nickte zurück und Touy sammelte die Steine ein bevor er einen Pfad hinunter verschwand. Einige Minuten später kam er mit einem an einem Seil geführten Schwein zurück. "Es könnte sein, dass du das nicht sehen willst", warnte Jess, direkt bevor Touy ein Bambusmesser herauszog, dessen Klinge so scharf wie ein Rasiermesser war und die Kehle des Schweins aufschlitzte.
"Oh Gott", flüsterte Mary, dem Rebellieren ihres Magens stand haltend. Touy hatte den schweren Kadaver auf seinen Rücken gedreht und die Brust aufgeschnitten. Er griff in die warmen Eingeweide und holte die Leber heraus. Er brachte das blutige Organ auf die andere Seite der Lichtung. Jess nahm Mary am Arm und führte sie zu Touy, der die magischen Worte sang. Während er das tat, rieb er die Steine über das Opferfleisch. Auf dem Boden vor Touy stand ein kleines Modell eines 'Haus des Mannes'. Eine Stange, die wie eine riesige Fahnenstange aussah, war neben dem Modell in den Boden gesteckt worden.
Touy trat vorwärts und steckte die Leber auf die Stange. Dann legte er den blutigen Stein in das kleine 'Haus des Mannes'. Der Medizinmann reichte noch einmal in das Haus, zog Pfeil und Bogen heraus und hielt sie Jess hin. Jess schüttelte ihren Kopf. Touy lächelte grausam und zuckte mit den Schultern. Er trat zurück, spannte den Pfeil auf den Bogen und zielte auf die tropfende Leber. Mary merkte, dass Jess vor sie trat und sie instinktiv schützte, falls der Pfeil daneben gehen würde.
Der Pfeil fand sein Ziel, durchstach die Leber und verschwand im Busch. Touy drehte sich um und sah Jess an. Sie nickte, sagte: "Tenkyu" und nahm Marys Arm, bevor sie sie davon führte.
"Ok, was ist dort geschehen?", fragte Mary, sobald sie weit genug weg waren, um nicht gehört zu werden, während sie ihren Weg zurück durch das hohe Gras bahnten.
"Der Pfeil entlässt das Blut des Opfers in die Geisterwelt. Zum Dank haben sie die Kraft der tödlichen Steine in den Pfeil geleitet und ihn dazu gebracht zu verschwinden. Der Pfeil fliegt jetzt zu Rimrapasis Haus an der Küste. Er wird unbemerkt draußen schweben, bis sie einschläft. Dann wird er in ihren Mund fliegen und die tödlichen Steine werden ihr Gift verbreiten", erklärte Jess.
"Du glaubst das doch nicht, oder?", fragte sie ,fuhr herum, um Jess anzusehen. Jess sah mit ernsten, traurigen Augen auf sie hinunter. "Ich glaube, dass Rimrapasi durch Zauberei sterben wird, wenn sie die Mörderin ist. Aber deswegen haben wir es nicht getan", antwortete Jess und ging weiter.
"Hm, warum haben wir es dann getan?", fragte Mary frustriert hinterher laufend.
"Weil wir eine Liste mit den Namen der Verdächtigen wollten, welche wir jetzt haben", erklärte Jess.
Mary blieb überrascht stehen und Jess drehte sich um, um zu sehen, wo das Problem lag. "Du bist eine schlaue Frau, Kriegerin", meinte Mary als sie mit einem glücklichen Lächeln loshoppelte, um zu Jess aufzuschließen.
"Ich habe es immer gemocht, wenn du mich so genannt hast", kommentierte die ältere Frau, während sie langsam wieder los lief.
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Als sie wieder im Lager ankamen, fanden sie einen genervten Mone, der versuchte eine ältere Frau davon abzuhalten einen Leprapatienten zu verhauen, der in die Klinik gekommen war, um seine Medizin abzuholen. Es war gelinde gesagt eine komische Szene und Jess und Mary standen lachend am Rande des Lagers. Dort stand Mone in seinen gewöhnlichen weißen Shorts und T-Shirt und versuchte eine Frau, die nur halb so groß war wie er, von seinem verärgertem Patienten zu vertreiben. Der Patient schrie der Frau über Mones Schulter Beleidigungen zu. Die kleine Frau war alt aber lebhaft. Ihre braunen Brüste hingen fast bis zur Hüfe und schwangen hin und her, als sie ihren Kampfstock dazu benutzte zu versuchen nach dem hinter Mone stehenden Eravey zu stoßen. Ihr Haar war grau und dicht gelockt und ihr Körper hing dem Alter entsprechend, aber sie machte immer noch einen höllischen Lärm. Sie schwang ihren paddelförmigen Kampfstab bei jeder Gelegenheit und schrie dem Mann fortlaufend Schimpfwörter zu.
"Doktor Jess", rief Mone frustriert, als Jess los schlenderte, um Mone endlich zur Hilfe zu kommen. Bei Jess' Anblick verstummte die Diskussion. Stille fiel über das Lager als Jess dort stand und die Störenfriede autoritär ansah. Mit einigen scharfen Worten entließ sie die alte Frau, die ab und an über ihre Schulter zurück starrte und ging. Dann wies sie Mone an ihren ambulanten Patienten in die Klinik zu bringen und ihn dort zu halten, bis die alte Frau auf dem besten Wege zurück in ihr Dorf war.
"Worüber habt ihr euch unterhalten?", fragte Mary und hinkte vorwärts, um sich neben Jess' zu stellen. "Du hast gerade einen der Verdächtigen getroffen. Die alte Frau war Heorn. Der Mann ist Eravey und der Onkel des Jungen, der ermordet wurde. Sie schien ihn nicht zu mögen", erklärte Jess mit einem Lächeln bei dem ihre weißen Zähne aufblitzten. Mary prustete.
"Gut, dann ist sie die Nummer eins auf meiner Liste!" 'Jess hat ein schönes Lächeln', dachte Mary, als sie zurück lächelte. Sie wünschte sich, dass sie mehr lächeln würde.
"Vielleicht. Aber sie hätte Kalla nicht ohne Hilfe ermorden können", stellte Jess mit einem Stirnrunzeln fest. Gut, ich sollte besser zur Klinik zurückkehren. Ich sehe dich dann später," sagte Jess und drückte Mary's Schulter kurz bevor sie ging. Mary stand da und beobachtete, wie Jess ging, während sie die langen Beine und den festen, runden Hintern würdigte. Dann seufzte sie und wandte sich ihrer eigenen wachsenden Verantwortung im Lager zu.
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Spät in dieser Nacht wachte Jess durch das Herumwerfen und Gemurmel von Mary auf, welche einen schrecklichen Alptraum durchlebte. Jess schlüpfte aus ihrem Bett heraus und streichelte Mary's Haar und flüsterte ihr leise zu, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Dann kroch sie dankbar wieder zurück in ihr Feldbett. Die Nachtluft war kalt und feucht. Einige Minuten später stöhnte Mary wieder im Schlaf. Jess seufzte, stand auf und zog sich ein T-Shirt über ihren langen, mageren Körper. Sie schlüpfte neben Mary ins Bett und nahm sie in ihre Arme. Der Alptraum klang sofort ab. Mary wickelte sich zufrieden um den Körper der Kriegerin und schlief. Jess schmiegte ihren Kopf an Marys Haar und nahm die Empfindung von Marys Wärme in sich auf.
Bei den Göttern, wie sehr sie diese kleine Frau liebte! Aber sie wusste, dass es nicht sein konnte. Ihre Liebe wurde von einem Muster bestimmt, welches vor tausenden von Jahren festgelegt worden war. Sie verstand nicht wieso oder wie, aber sie wusste, dass es etwas mit diesem Grab zu tun hatte. Es rief aktiv nach den 'Anderen'. Es rief Jess die ganze Zeit. Aber Jess hatte schon der Prophezeiung entsprechend gelebt und die, die sie liebte aus ihrem Leben entfernt, bevor die kleine Frau sie verraten konnte. Heute Nacht jedoch konnte sie sich für einen kurzen Moment der Liebe hingeben und wieder vollständig sein.
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Am nächsten Tag beschäftigte Mary sich damit ein neues System in der Vorratskammer einzuführen. Sie entfernte die alten Identifikationsetiketten und klebte sorgfältig neue auf. Dann ging sie hinüber und bereitete das Mittagessen zu. Nun, da sich Mary im Lager eingerichtet hatte, tauchten Jess und Mone wie die Geier zur Mittagszeit auf, statt zu essen, wenn ihnen danach war. Mahlzeiten waren zu einer geselligen Zeit geworden. Mary passte nach dem Vorfall mit der Süßkartoffelpastete darauf auf, die Nahrung einfach und erkennbar zu halten. Sie entdeckte bald, dass auch Jess einen sehr konservativen Geschmack hatte. Sie war ein Mädchen von der Sorte: die Grundnahrungsmittel sind Fleisch und Kartoffeln.
Mone hatte sogar angefangen, zum Brunch in der Küche aufzutauchen, wenn er sah, wie Mary morgens in die Küche kam. Um diese Zeit waren Jess und Mone schon für Stunden wach gewesen, obwohl es immer noch früh war. Es war Jess' Art vor der Morgendämmerung aufzustehen und zu laufen. Dann würden sie und Mone ihre Runden im Licht der Morgendämmerung starten. Um acht würde Mone den Küchenbereich betreten und Kaffe kochen, bevor er eine Tasse zu Jess bringen würde, welche im Labor arbeitete. Dann würde er zurückkommen und ein spätes Frühstück mit Mary genießen. Er schien sich an Geschichten über Jess' Kindheit zu erfreuen und Mary tat ihr bestes, sich an jeden Vorfall zu erinnern, der die vielen Talente der Ärztin hervorhoben, die sie besessen hatte, als sie aufwuchsen.
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Eines Tages, als sie beim Mittagessen saßen, tauchte ein Dorfbewohner auf und stand wartend außerhalb der Küche. "Das ist Samalli", erklärte Jess, während sie aufstand, um den Dorfbewohner zu begrüßen. Sie schüttelten sich förmlich die Hände und Jess stand breitbeinig mit vor der Brust verschränkten Armen da und hörte Samallis Rede ernsthaft zu. Sie nickte, als er aufhörte zu reden und antwortete in Pidgin. Sie sprach leise und zuversichtlich. Woraufhin sich der beunruhigte Mann etwas zu entspannen schien. Er lächelte und nickte, bevor er davon ging. Jess drehte sich um und ging zurück zu den anderen.
"Was wirst du tun, Doktor Jess?", fragte Mone der die schnelle Unterhaltung in Pidgin im Gegensatz zu Mary verstanden hatte.
"Ich werde hinüber gehen und ihnen diese Flausen nach dem Essen austreiben", stellte Jess fest. "Sie wollen nicht wirklich kämpfen, sonst hätten sie schon längst begonnen. Sie haben möglicherweise Angst in einen Kampf zu geraten bevor das Timp gefangen wurde. Es ist zu riskant im Moment."
"Könnte mir vielleicht mal wer erzählen, was los ist!", rief Mary frustriert.
Mone und Jess sahen Mary überrascht an. "Oh, sorry Mary. Wir haben vergessen, dass dein Pidgin immer noch fundamental ist", entschuldigte sich Jess. "Das war Samalli. Die Eravey haben einen Zaun um das Land gebaut, das sie von ihm verlangen. Er hat ihnen gesagt, dass sie ihn abreißen sollen, doch sie haben sich geweigert. Samalli ist ein Mendari, von daher stehen sie hinter ihm. Jetzt beobachten sich die Mendari und Eravay von den gegenüberliegenden Enden des Singsingterrains und bereiten sich auf einen Krieg vor."
"Oh nein Jess! Was wirst du tun?!", fragte Mary alarmiert herüberreichend und Jess Hand ergreifend. Jess sah auf die schmalen, weißen Finger hinunter, die auf ihrer größeren, gebräunten Hand lagen. Marys Berührung sandte Schauer ihren Rücken herunter und sie vergaß für einen Moment ihren Gedankengang.
"Jess?", fragte Mary die Hand streichelnd, bevor sie ihre eigene zurückzog.
"Was? Oh! Ich werde dort hinüber gehen und den Zaun umwerfen. Dann wird keine Seite ihr Gesicht verlieren", erklärte Jess, während sie aufstand.
"Sei vorsichtig!", ordnete Mary an und war erfreut, Jess lächeln zu sehen.
"Es ist in Ordnung. Sie suchen nach einem Weg da raus ohne ihr Gesicht zu verlieren, oder sie hätten nicht nach mir geschickt. Es wird keine Stammeskriege geben, bis die Timpzeremonie vorbei ist", erklärte Jess. "Ich sehe euch zwei dann später", endete sie und ging leichten Schrittes.
"Löst sie oft die Dorfprobleme?", fragte Mary, die die kleiner werdende Figur der Ärztin beobachtete.
"Doktor Jess großer Krieger. Reichliche große Zauberei auch! Doktor Jess wird das Problem beheben. Die Leute hören auf sie. Du sehen", erklärte Mone, während er aufstand und half die Teller abzuwaschen, bevor er zurück zur Klinik ging.
"Als sie hier zuerst kam, versuchten einige Krieger das Lager zu überfallen. Das ist zuvor oft geschehen. Aber Doktor Jess sagt nein. Als sie angriffen, hat sie zum Beil gegriffen und alle geschlagen! Eine Frau gegen viele Krieger! Em i-no save pret!
"Huh?"
"Sie ist tapfer", übersetzte Mone.
Mary lächelte. "Ja, das ist sie", stimmte sie zu.
Das war also Samalli, dachte Mary nachdem Mone gegangen war. Er sah wirklich aufgebracht und frustriert aus wegen den Eravey. Laut Mone war Kalla Eravey. 'Könnte Samalli Kalla getötet haben, um sich dafür zu rächen, dass die Eravey sein Land gestohlen haben?', fragte sich Mary, als sie Reinigungsmittel in die Schüssel mit heißem Wasser gab, die auf dem Ofen stand. Er schien verärgert genug.
Jess kehrte etwa eine Stunde später zurück und berichtete, dass der Zaun zerstört war und dass sich die zwei Parteien beruhigt hatten, ohne sich zu streiten. Dann steuerte sie auf ihr Büro zu, um wieder zu arbeiten.
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Während Mary an diesem Nachmittag in der Küche saß und in ihr Tagebuch schrieb, wurde sie von dem Aufblitzen des glänzenden Blau und Orange eines vorbei fliegenden Vogels abgelenkt. Ein Paradiesvogel! - erkannte Mary und legte ihren Stift hin, bevor sie hinaushumpelte, um zu sehen, ob sie den schwer fassbaren Vogel entdecken konnte. Dort war er! Er war zum anderen Ende des Lagers geflogen und saß hoch in den Zweigen eines Baumes in der Nähe des Erdrutsches. Vorsichtig bewegte sich Mary vorwärts. Sie war ziemlich nahe, als der Krähengroße, orangefarbene Vogel mit dem langen anmutigen blauen Schwanz in einem niedrigen Bogen vom Baum zu den Büschen auf der anderes Seite des Rutsches flog.
'Ich wette, er hat sein Nest dort', dachte Mary und begann sehr vorsichtig ihren Weg über die Rutschnarbe. Sie bewegte sich langsam und achtete darauf, nicht zu fallen, als sie die steile, lose Erde überquerte. Auf halbem Weg über das Rinnsal aus losem Schmutz, der den Hang hinunter gerollt und gesprungen war, wurde es mit jedem Schritt mehr, bis es einem Strom glich. Der Boden unter Marys Füßen rutschte und riss sie mit sich. Sie fiel auf ihre Seite und rodelte in einem Fluss rotem Schmutzes vorwärts. Schmerz schoss ihr Bein hinauf, als sie keuchte und sich plötzlich Hals über Kopf in einer Lawine roten Todes wieder fand.
Mary kämpfte, um ihren Kopf frei von Schlamm zu halten, aber jedes Mal, wenn sie ihren Weg freigekämpft hatte, wurde sie von einer anderen Welle mit Trümmern getroffen und begraben. Schließlich endete ihre Vorwärtsbewegung und sie fand sich unter der Erde begraben wieder. Es wurde dunkel und feucht um sie herum. Ihre Arme wurden durch das Gewicht des Schlammes zu Boden gedrückt. Wie durch ein Wunder hatten sich ihre Schultern und ihr Kopf in eine von einer Baumwurzel geformten kleine Höhlung festgekeilt, was dazu führte, dass sie für einige Zeit noch saure, muffige Luft zum Atmen haben würde. Wasser tropfte durch die Schichten des Schlamms und lief ihr Gesicht hinunter und in das Luftloch unter ihr. Wenn nicht bald Hilfe kommen würde, würde sie ersticken oder ertrinken.
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Jess sah die chemische Analyse des Medikaments wieder an und seufzte. Sie wusste, dass irgendetwas fehlte. Nicht lang nachdem Jess im Hochland angekommen war, hatte eine Dürre mit einigen Wochen starken Regens geendet. Papua Neu Guinea befand sich gerade in der Bahn zweier Monsungürtel und es regnete täglich für einige Stunden, außer für einen zwei Wochen langen Zeitraum, in dem die Monsunwinde ihre Richtung änderten. Aber einmal alle zehn Jahre oder so, wenn sich die Winde weiter nach Süden verschoben, gab es eine Dürre. Jess war hoch in die Hügel gewandert und hatte im Schutz eines kleinen Wäldchens gecampt. In der Nacht wachte sie auf und entdeckte ein erstaunliches Feenland. Riesige Giftpilze waren in der feuchten zerfallenen Walderde gewachsen und schienen in der Dunkelheit in pastellfarbenen Schattierungen von Rosa, grün und Blau. Jess saß verwundert da und starrte die bemerkenswerte Schönheit um sich herum an. Sie hatte leuchtendes Seegras gesehen, welches von einem Sturm aus den Tiefen des Meeres geholt worden war und sie hatte das Phänomen in Flechte tief in Höhlen miterlebt, aber das unter dem aufgehenden Mondlicht war atemberaubend!
Am nächsten Tag hatte sie einige Proben gesammelt und mit zurück zum Lager genommen. Von den Einwohnern erfuhr sie, dass die Giftpilze nur nach einer Dürre erschienen und nachdem sie getrocknet und gemahlen waren, Leute in einen schmerzlosen halbwachen Zustand versetzen konnten, den der Schamane verwendete, um die Geisterwelt zu kontaktieren. Als Jess die Schmerzmittel ausgegangen waren, hatte Mone sie aufgefordert, die Pilze zu versuchen. Sie hatten sehr gut funktioniert. Aber sie hatte Schwierigkeiten, die chemische Struktur der Zusammensetzung zu isolieren. Teil des Problems war, dass sie nicht die Ausrüstung für diese Art der Forschung hatte, aber sie begann zu vermuten, dass der seltsam glühende Pilz nur eine Eigenartigkeit von Mutter Natur war.
Jess hatte mit der Dosierung experimentiert und herausgefunden, dass das Medikament wenige Nebenwirkungen zu haben schien. Es war das Medikament, das sie Mary gegeben hatte, um sie schmerzfrei und ruhig zu halten, bis ihr verstümmelter Fuß zu heilen begann. Mary schien Probleme gehabt zu haben, ihre Gedanken und Augen zu konzentrieren, während sie unter dem Einfluss des Medikamentes stand, aber sie hatte sich sehr schnell erholt, als Jess die Injektionen gestoppt hatte. Jess war der Meinung, dass die fremde Pflanze ein wirkliches Potential für die Medizin hatte.
"Doktor Jess?", brach Mone in Jess' Gedanken. "Der Hang hat etwas mehr nachgegeben, denke ich. Ich habe das Rumpeln gehört."
Jess lehnte sich zurück und sah ihren Kollegen an "Wir sollten besser einen Weg finden, den Hang zu stabilisieren, bevor wir noch mehr vom Lager verlieren", kommentierte sie und Mone nickte zustimmend.
"Wir könnten den Hang mit Hilfe von Holzklötzen terrassenförmig anlegen, wenn wir es uns leisten können, die lokalen Männer dazu zu bringen, für einige Tage zu arbeiten", schlug Mone vor.
Es war an Jess zu nicken: "Das klingt wie ein Plan. Willst du mit einigen der Einwohner reden?"
Mone lächelte. "Ich werde mich darum kümmern, Doktor Jess! Du nicht beunruhigen." Der kleine Papuaner lachte und ging. Jess lächelte, so wie sie Mone kannte, war die Arbeitsmannschaft wahrscheinlich schon organisiert. Mone führte das Lager und Jess war einfach die Galionsfigur und sie wusste es! Hinter Mone's ruhigem Äußeren lag ein ziemlich großes Ego! Die Bitte war nur eine Geste der Höflichkeit gewesen. Jess wandte sich wieder ihrer Forschung zu, aber fand es schwer sich wieder darauf zu konzentrieren. Es war einer jener netten, späten Nachmittage, an denen der Himmel in frischem Blau strahlte und die Luftfeuchtigkeit gering war. Sie fragte sich, ob Mary gerne fischen gehen würde. Vielleicht konnten sie etwas zum Abendessen fangen. Als Kinder pflegten sie oft zum Fluss hinunter zu gehen und Fische zu fangen. Gut, Jess fing sie indem sie durch den Fluss watete und einen Fisch ergriff, wenn er vorbei schwamm. Mary hatte den Dreh nie rausbekommen.
Sie stand auf und schaute aus dem Fenster. Mary war nicht in Sicht. Ich frage mich, ob sie Fischen immer noch mag oder ob sie sich zu fein ist, um sich nass zu machen. Jess traf eine Entscheidung und steuerte auf die Tür zu und durchs Lager bevor sie ihre Hütte betrat. Mary war nicht da. Jess machte einen Rundgang durch das Lager, konnte Mary aber nicht finden. Sie runzelte die Stirn, Mary würde sicher nicht herumlaufen, ohne Jess bescheid zu sagen. Sie war stur, aber nicht dumm. Dann explodierte eine Furcht in ihrem Herzen und sie rannte zur Rutschstelle hinüber und suchte besorgt nach Zeichen der kleinen Frau in der abgestürzten Erde. Nahe des Fußes eines schrägen Baumes entdeckte sie eine schlammige Strähne blonden Haares. "Mone!!", schrie Jess, als sie die Bank in drei Sätzen hinunter sprang und begann wild mit ihren Händen zu graben.
Marys Hals tat weh, als sie versuchte ihren Kopf über dem steigenden schlammigen Wasser zu halten. Panik war ihr schlimmster Feind und sie gab ihr Bestes, um ruhig zu bleiben und nicht zu viel Sauerstoff zu verbrauchen. Ihre Augen fühlten sich schwer an und sie wusste, dass sie nicht mehr lange durchhalten würde. Sie reichte mit ihren Gefühlen mit letzter Kraft hinaus und rief mit ihrer Seele 'Jess ich brauche dich!' Dann stürzte ihr Kopf vorwärts.
Mone kam kurz danach und half Jess graben. Er hatte die Kriegerin noch nie panisch erlebt, aber jetzt war sie es eindeutig. Gleich am Anfang schien es, als hätte Mary eine Gewalt über das Timp der Ärztin. Mone dachte, dass dies eine gute Sache sei. Er redete gerne mit Mary. Er hoffte, dass sie nicht gestorben war.
Jess reichte in das Loch mit schlammigem Wasser und stützte Marys Kopf. Sie hielt die Frau zärtlich in ihren Armen und überprüfte mit wackligen Händen ihre Lebensfunktionen. Marys Atem ging nur schwach und ihr Puls war stabil aber schwach. Jess wischte etwas Schlamm aus Marys Gesicht und grüne Augen öffneten sich zitternd. "Wusste, dass du kommen würdest, wenn ich rief", murmelte die Journalistin und Jess hielt sie fest, als Tränen langsam ihr Gesicht hinunter liefen.


 Teil 3

 

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