Disclaimer: Die Charaktere von Xena und Gabrielle sind Eigentum von Universal und Renaissance Pictures. Es ist keine Copyrightverletzung beabsichtigt.
Dank: Ich bin erfreut, dass so vielen von euch die Serie zu gefallen scheint. Eure Kommentare sind sehr freundlich und sehr willkommen. Besonderen Dank an Lisa und Inga, meine geduldigen und hart arbeitenden Betareaderinnen. So, wie die Geschichten angelegt sind, ist es am besten, wenn man sie in der richtigen Reihenfolge ließt.
Warnung: Diese Geschichte gehört zu "Alternative Fiction". Bitte lest sie nicht, wenn ihr minderjährig seid oder es an eurem Ende der Welt illegal sein sollte.
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Copyright © Dezember 2006 Jany

 

Egyptain Encounter

By
Anne Azel
a_azel@hotmail.com

Übersetzung von jany

Teil 2
Es war immer der gleiche Traum. Er rief das Gefühl von Desorientierung hervor, das durch die Drogen verursacht wurde, während Körper und Geist versuchten in der watteartigen Umgebung vernünftig zu funktionieren. Der Traum brachte die Erinnerungen daran zurück, wie die schmerzenden Stellen zu etwas positivem geworden waren, da sie sie daran erinnerten, dass sie immer noch am Leben und Teil der physischen Welt war. Der Schmerz war an Tagen, an welchen sie sogar zu schwach und betäubt war, um ihre Augen zu öffnen, die einzige Verbindung zur Realität.
Sie schreckte hoch, ihr Herz pochte und Schweiß tropfte herunter. Der Traum verblasste und ihre Gedanken wanderten zu den langen Tagen der Genesung. Nachdem sie wieder in der Lage gewesen war zu kommunizieren, hatte der Arzt sie gefragt, wie sie die Folter überlebt hatte. Wie sie daran nicht zerbrochen war. 'Es war so einfach, ich habe mich einfach auf das konzentriert, was ich noch nicht erledigt hatte', dachte sie. 'Das einzige wofür es sich noch zu leben lohnte- Rache. Sehen sie, ich konnte nicht sterben, ohne mich vorher zu rächen. Nachdem ich das wusste, war es leicht zu überleben. Ich habe nie gesprochen, da ich daraufhin sofort exekutiert worden wäre. Sie haben mich nicht klein gekriegt und ich bin nicht gestorben und nun habe ich meine Rache verdient.' Aber sie hatte es nicht gesagt. Anderenfalls hätte der Doktor gesagt, dass sie medizinisch gesehen immer noch nicht fit sei. Nein, stattdessen hatte sie geantwortet, dass sie versucht hatte, ihre Pflicht zu tun und ihre Kameraden nicht zu verraten. Dafür hatten sie ihr die Tapferkeitsmedaille verliehen, welche sie jedoch nie an ihrer Uniform getragen hatte, da dies gelogen gewesen wäre.
Sie drehte ihren Kopf und blickte aus dem Fenster. Die Sonne hatte gerade erst begonnen, den nächtlichen Himmel zu färben. 'Betet den Sonnengott an, wenn er am östlichen Horizont aufgeht.' Wo zum Teufel war das her gekommen? Cheops. Sie hatte es in diesem Mastaba von der Wand abgelesen. Was hatte sie gesagt? - dass es ein Vers aus dem Totenbuch war.
Da war es wieder, das leise Klopfen an ihrer Tür. Es war Cheops. Vor Jahren hatten sie sich auf ein Zeichen geeinigt, welches Willy wissen ließ, wer vor der Tür stand und davon abhielt überzureagieren. Es waren zwei kurze und ein langes Klopfen. Willy rollte sich aus dem Bett und ging zur Tür herüber, welche sie unbesorgt öffnete. Vor ihr stand Cheops mit einem Frühstückstablett in der Hand.
"Es ist immer noch dunkel, von daher werde ich immer noch von unserem Waffenstillstand beschützt oder?"
Willy nickte, zu schwach und verwirrt durch ihren von den Drogen verursachten Traum, um klar zu denken. Cheops schlüpfte in das Zimmer und stellte das Tablett auf den Waschtisch. Dann kam sie zurück, löste Willys Hand vom Türknauf und schloss die Tür. "Hey, bist du krank? Du hast Fieber. Du bist total verschwitzt. Komm und leg dich wieder hin, ja", flüsterte sie, während sie die Kriegerin sanft zum Bett herüber führte, wie es eine Mutter mit ihrem Kind tun würde.
Willy ließ sich auf das Bett hinunter drücken. Sie fühlte sich, als würde sie aus einiger Entfernung zugucken, wie Cheops das Kissen aufschüttelte und ihr half sich hinzulegen. Sie verschwand im Badezimmer und kehrte mit einem feuchten, kalten Lappen zurück, mit dem sie Willy übers Gesicht wischte. "Da. Ist das besser? Was ist los Will? Du weißt, dass du darauf vertrauen kannst, dass ich dein Geheimnis wahre. Was ist passiert?"
Das kalte Tuch fühlte sich gut an. Der Duft von frischem Kaffe schien ebenfalls wundervoll. Willys Augen wanderten zum Tablett hinüber. Cheops lächelte und ging hinüber, um das Tablett zu holen und es auf den Nachttisch zu stellen. Sie goss Willy eine Tasse schwarzen Kaffees ein und reichte sie ihr herüber. Ihre Finger berührten sich, als Cheops hinüberreichte, um Willys zittrige Hände zu stabilisieren, welche die Tasse ergriffen.
Nun mit ihrer verlorenen Seelengefährtin verbunden, platzte Willy mit dem heraus, was sie an sich nie hatte mit Cheops teilen wollen. "Ich bin lange mit Drogen und Elektroden gefoltert worden. Manchmal träume ich davon." Cheops nickte und wartete. "Die Drogen lassen mich manchmal immer noch euphorisch werden und ich werde dann ziemlich krank."
Cheops nickte erneut. "Hier, ich habe dir einige Brötchen und Früchte fürs Frühstück mitgebracht. Versuch etwas zu essen ja? Sie nahm Willy die Tasse aus der Hand und bot ihr den Korb frisch gebackener, warmer süßer Brötchen an. Willy nahm eins heraus und brach es in zwei Hälften, von denen sie Cheops eine anbot. Die Archäologin blickte überrascht und lächelte dann sanft, bevor sie das Brot ergriff. "Danke."
"Es wird nicht funktionieren", informierte Willy sie.
Cheops blickte erschreckt auf. "Was wird nicht funktionieren?"
"Mir zu beweisen, dass es dir leid tut."
Cheops spürte, wie der Ärger tief in ihrem Inneren wie heiße Magma aufstieg. Was dachte Will wer sie war, dass sie sich erlauben konnte die Verantwortung des Schicksals auf Cheops abladen zu können! Sie hatte ebenfalls ein Kind verloren und einen Fuß noch dazu. Und Will hatte sie verlassen, so dass sie im Krankeinhaus alleine mit ihrer Trauer und ihrem Schmerz hatte klar kommen müssen. Eigentlich war es Will, der es leid tun sollte! Sie schluckte; Ärger würde die Situation nicht besser machen. Will konnte nicht klar denken, das war sicher.
"Ich liebe dich Will."
"Nein, sag das nicht. Denk es nicht einmal."
Tränen sammelten sich in Cheops Augen. Sie stand auf und ging leise zur Tür hinaus.
****************
Gleich nach dem Frühstück fuhren sie mit dem Minibus nach Sakkara. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung mit der Tour wusste Cheops, dass es besser war nicht gleich am frühen Morgen mit ihrem Vortrag zu beginnen. Daher ließ sie ihre Schützlinge ihr Frühstück verdauen, während sie schläfrig die Wüstenlandschaft betrachteten.
Es war Betty, die die morgendliche Stille durchbrach als sie nach vorn gehopst kam und nach den großen, kegelförmigen Gebilden fragte, die sie in den Gärten gesehen hatte. "Hey Cheops. Was ist das, was bei den Leuten im Garten steht?", fragte Betty, während sie auf eines dieser seltsamen Gebilde zeigte, an denen der Bus vorbei fuhr. Sie waren ungefähr zwanzig Fuß hoch und waren mit in Reihen angeordneten Löchern übersäht, die von der Spitze bis etwa zur Hälfte des Gebildes hinunter reichten.
"Das sind Taubennester. Taubenfleisch ist in Ägypten eine Delikatesse", erklärte Cheops.
"Hier werden Tauben gegessen! So wie die, die man im Central Park findet!?"
Cheops nickte lächelnd. "Es ist zartes, weißes Fleisch. Es ist wirklich lecker."
"Hast du das gehört Abe?! Wenn wir Heim kommen, werde ich dir ein Netz besorgen und dann exportieren wir gefrorene Taubengerichte nach Ägypten." Alle lachten.
"Oh ja, ich werde New Yorks Tauben nach Ägypten verkaufen! Sie haben so viele Schadstoffe in sich, dass sie verbrennen würden, wenn man versuchen würde sie zu kochen!", protestierte Abe.
"Hey, Amerika könnte sie als neue Geheimwaffe verwenden!", schlug Bob vor, "Ist man im Irak auch Tauben?"
Betty ignorierte ihn. "Da steckt Geld und Ruhm drin, ich sag es dir Abe", neckte Betty. "Der Bürgermeister würde dir eine Medaille dafür geben, dass du die verdammten Dinger los geworden bist!" Die Insassen des Busses lachten aufgrund des Zusammenspiels des New Yorker Ehepaares und fingen, nun auch etwas munterer als zuvor, selbst an sich zu unterhalten.
Bob lehnte sich hinüber und stütze sich mit einem Arm auf Cheops Sitz ab. "Hören sie, es tut mir leid, was letzte Nacht passiert ist Cheops", sagte er beiläufig mit einem Lächeln. "Ich habe wohl etwas zu viel getrunken zum Abendessen."
"Moslems trinken nicht, Mr. Scott. Es ist nicht ratsam sich zu viel zu gönnen; sie wollen ja nicht, dass die Leute schlecht von ihnen denken", antwortete Cheops neutral. Ein Schatten fiel auf sie und Willy schob Bobs Arm bei Seite, bevor sie sich in den Sitz neben Cheops setzte.
Bob warf ihr einen schmutzigen Blick zu und wand sich wieder seiner Spielezeitschrift zu.
"Du hast Probleme damit dich zu entscheiden, ob du mein Beschützer oder Henker sein sollst, oder?", bemerkte Cheops trocken.
"Sei ruhig", kam das leise Knurren. Der Rest der Fahrt verging schweigend.
"Das war die erste der großen Pyramiden, die gebaut worden ist", erklärte Cheops ihrer Gruppe, als sie vor dem Eingang von Sakkara standen. Die Stufenpyramide von König Zoser wurde um 2650 vor Christus gebaut und besteht in Wirklichkeit aus einer Reihe von Mastaba, die übereinander gebaut wurden, wobei jede Etage etwas kleiner wurde, als die vorhergehende.
Neben seinem Alter und der Vision so ein Gebäude zu kreiere, ist dieser Ort bedeutend, da man die äußere Struktur der Pyramide noch erkennen kann. Die der anderen Pyramiden sind nicht mehr erkennbar oder wurden zerstört. Hier in Sakkara jedoch, kann man die Wände und einige der Außengebäude noch klar erkennen."
Willy stand im Hintergrund und sah an der Stufenpyramide hinauf, bevor sie in die Ferne blickte, wo man die Pyramiden von Gizeh immer noch am Horizont erkennen konnte. Es war beeindruckend. Willy hatte sich während ihrer Affäre mit Cheops nie für Archäologie interessiert. Nun wünschte sie, sie hätte mehr darüber gelernt. Cheops hatte nie mehr über ihre Arbeit wissen wollen, da sie wusste, dass vieles von dem, was Willy tat geheime Informationen waren. Im Gegenzug hatte Willy nie ein Interesse für Cheops Arbeit bekundet.
Worüber hatten sie zu dieser Zeit überhaupt geredet? Nicht wirklich viel. Die meiste Zeit hatten sie mit den Kindern verbracht und die privaten Momente hatten sie dazu genutzt Liebe zu machen. Willy war sehr eigennützig und auf ihre Arbeit und Bedürfnisse konzentriert gewesen. Cheops war immer bereit gewesen sie zu verstehen und sich dem Zeitplan der Soldatin anzupassen. Ich würde es jetzt besser machen Cheops. Meine Prioritäten haben sich stark verändert. Zu schade, dass du nicht lang genug leben wirst, um das zu bemerken.
Sie gingen den langen Säulengang entlang, der in den Innenhof führte, in dessen Mitte die Stufenpyramide von Sakkara stand. Cheops zeigte ihnen die rituelle Grube, um die der Pharao sieben mal herum rennen musste, um zu beweisen, dass er fit genug war, um weiter zu regieren. Außerdem zeigte sie ihnen den privaten Schrein, den nur die Hohepriester und der Pharao besuchen durften, um den Göttern die notwendigen Opfer darzureichen.
Sie ging mit ihnen die engen, steilen Treppen des Wehrgangs hinauf und zeigte ihnen das tiefe Loch, welches ein Schacht war, der zu den unterirdischen Schatzkammern führte. Sie war sich bewusst, dass Willy in ihrer Nähe war und sorgte dafür, dass sie nie mit dem Rücken zu ihr stand. Ein Schubs von ihr und Willy hätte ihr Ziel erreicht. Sie hätte ganz einfach sagen können, dass Cheops auf Grund ihrer Prothese die Balance verloren hatte.
Sie konnte spüren wie sich ihre Muskeln durch die Anspannung verkrampften und ihre Hände feucht wurden. Nach außen jedoch war sie entspannt und lächelte. Dieses Katz und Maus spiel, auf welches Willy bestand war extrem nervenaufreibend. Aber das war was Willy wollte - Rache.
Cheops merkte, wie sich ihr Herz verhärtete. Sie hatte einen größeren Verlust erlitten als Will und hatte mit den Schuldgefühlen zu leben, da sie die jenige gewesen war, die mit den Kindern nach Deir El-Bahari gegangen war.
Es war klar, dass Will nicht mehr die Person war, die sie gekannt hatte. Will war zwar eine Soldatin gewesen, aber sie war auch sehr ehrenwert gewesen. Es war dieses altmodisches Gefühl von Pflichtbewusstsein und Ehre gewesen, welche die Kriegerin anfangs so anziehend für Cheops gemacht hatten. Diese Frau hier hatte jedoch keine Ahnung, was moralisch falsch oder richtig war. Irgendwie mussten die Drogen und die Folter ihren Verstand durcheinander gebracht und die schöne Seele getötet haben, die sie gekannt hatte.
Sie musste vergessen, dass dies die Frau war, die sie eins geliebt hatte. Das einzige was jetzt noch zwischen ihnen war, war böses Blut. Wenn es um die Entscheidung ging, zu töten oder getötet zu werden, wusste Cheops, dass sie bereit sein musste. Sie war nicht bereit, sich von Will das Leben nehmen zu lassen. Wie Will war auch sie eine Überlebende, nur dass sie unbeschadet überlebt hatte und Will nicht. Sie durfte das nicht vergessen.
Sie gingen weiter, um sich einige schöne Fresken in einem der hinteren Räume eines kleinen Tempels anzusehen, bevor Cheops ihnen etwas Freizeit einräumte, so dass sie umherlaufen und Fotos machen konnten. Aus Sicherheitsgründen schloss sie sich den Brants an und diskutierte einige Reformkostrezepte mit ihnen. Willy verschwand missmutig in die andere Richtung.
Willy wanderte ziellos umher. Sie wünschte sich irgendwie, sie hätte eine Kamera mitgebracht. Lustig, sie war in vielen Ländern gewesen, hatte sich jedoch vorher nie dafür interessiert. Es war immer der Feind gewesen, der ihr Interesse hielt - ihn verstehen und ihn besiegen. Nun war sie Zivilistin, medizinisch pensioniert und es war, als würde sie die Welt zum ersten Mal sehen.
Sie ließ sich im Schatten nieder und rieb sich den Kopf. "Hey, ich hab hier ihre Banane", hörte sie Bettys Stimme sagen. Will blickte auf und sah, dass das New Yorker Ehepaar vor ihr stand. Wie waren sie dort hingekommen ohne dass sie etwas bemerkt hatte?! 'Verdammt es muss mir schlechter gehen, als ich dachte!'
"Betty, vielleicht mag sie ja keine Bananen!", protestierte Abe.
"Halt dich da raus, du bist nur ein Mann und weißt nichts außer, wie es um die Mets steht. Hier", beharrte Betty, mit ihrer groben Freundlichkeit und hielt Willy die Banane hin.
Willy ergriff sie und lächelte. "Danke." Sie wusste wirklich nicht, wie sie mit Betty umgehen sollte. Betty nahm Willys Dankesrede als Rechtfertigung, um sich neben sie zu setzen. "Zwei unserer Söhne haben im Golfkrieg gekämpft. Josh, unser jüngster, war für drei Tage ein Kriegsgefangener. Danach konnte er zum Glück entkommen."
Willy lächelte reumütig. "Ich hatte nicht das Glück." Dann fügte sie versucht das Thema zu wechseln hinzu: "Sind sie und Abe schon lange verheiratet?" Sie wartete auf eine Antwort, während sie ihre Banane schälte.
"Fünfzig Jahre! Können sie sich das vorstellen?", strahlte Abe, während er Bettys Schultern liebevoll streichelte.
Bettys rundes Gesicht strahlte voller Liebe. "Es war gar nicht so schlecht. Natürlich hat er mir Nerze und Diamanten versprochen und ich warte immer noch auf sie!" Die beiden älteren Geliebten lachten. "Haben sie jemand besonderes in ihrem Leben?"
"Nein."
Das ist aber schade. Es geht nichts über das Band was zwischen zwei Leuten besteht, die dazu bestimmt sind zusammen zu sein", bemerkte Betty, während sie Abe anstieß. Abe rollte freundlich mit den Augen.
"Sie hat es mir so oft erzählt, dass ich es langsam glaube!", scherzte er und Willy lachte.
"Ehen scheinen in dieser Zeit nicht mehr wirklich lange zu halten", bemerkte Will, während sie launisch zu Cheops hinüber blickte, welche in einiger Entfernung mit den Brants lief. Bettys scharfe Augen bemerkten den Blick und sie lächelte sanft.
"Die Leute denken, dass es bei einer Ehe um Sex und Liebe geht. Nun, es geht um keins von beidem. Man kann mit jedem schlafen..."
"Betty!"
"Nun man kann es tun Abe! Und was die Liebe angeht, nun man verliebt und entliebt sich ja sein ganzes Leben lang auf die eine oder andere Art."
"Hör dir das an", spottete Abe.
Willy lächelte. "Also was ist Ehe dann, wenn sie nicht auf Sex und Liebe basiert?"
"Freundschaft und Vergebung. Man muss in seinem Herzen wissen, dass der Partner nur das beste für einen will, egal um wie viel er das Ziel verfehlt. Man muss ihm dafür vergeben, dass er menschlich ist. 'türlich sind auch reiche Leute menschlich, habe ich meinen Jungs immer gesagt. Es schadet sicher nicht, wenn man nach einem Partner sucht, der am vollen Ende des Trogs sitzt!"
Willy lachte aus ganzem Herzen und steckte sich das letzte Stück Banane in den Mund. "Danke für die Banane und den Rat."
"Betty bemuttert jeden", bemerkte Abe glücklich. "Unsere Jungs vergöttern sie. Sie haben sogar für diese Jubiläumsreise bezahlt!"
"Nette Kinder", bemerkte Willy.
"Sie haben eine gute Entscheidung getroffen die beiden. Abe wollte schon immer die Pyramiden sehen. Ich war mir erst nicht sicher, ob wir wirklich hier her kommen sollten. Sie wissen ja, die meisten Fremden mögen Amerikaner nicht. In den letzten paar Jahren gab es genau hier zwei fürchterliche Angriffe auf Touristen!"
Willy wurde ganz blass und die Bananenschale fiel ihr aus der Hand. Sie bückte sich, um sie aufzuheben und ihre gefühlsmäßige Reaktion zu vertuschen. Das ältere Ehepaar schien es nicht mitgekriegt zu haben. "Ich habe zu John, meinem Ältesten, gesagt, dass er das Haus verkaufen und die Katze umbringen soll, wenn uns etwas passiert."
"Was?!", rief Willy total überrascht.
"Bootsy, mein armes Baby währe total unglücklich ohne uns. Wir haben sie seit 15 Jahren. Die Jungs sind gut, aber sie würden sie nicht so verwöhnen, wie ich es tue. Nein, ich würde wollen, dass sie eingeschläfert wird, so dass ich wüsste, dass sie ein gutes Leben gehabt hat."
"Gut", schnaubte Abe. "Wenn das Haus in Flammen stünde, würde sie die Katze retten, bevor sie nach mir gucken würde!"
Betty schlug hin spielerisch. "Warum sollte ich in ein brennendes Haus rennen, um wen zu retten, der schlau genug sein sollte, selbst heraus zu kommen?!"
Sie lachten alle drei, bevor sie zum Rest der Gruppe hinüber gingen, welcher im Innenhof stand, so dass alle gemeinsam hinaus gehen konnten, um dort den Bus zu treffen. Cheops sah, wie Willy mit den Laytons lachte, wobei das erstaunliche Blitzen weißer Zähne die harten Linien in Wills Gesicht in unglaubliche Schönheit verwandelten.
Tief in ihrem Inneren fühlte sie den Stachel der Eifersucht und kehrte ihnen den Rücken zu. "Hier entlang meine Damen und Herren. Als nächstes werden wir ein kleines nettes Café am Nil besuchen, wo das Brot für sie in einem der Holzöfen des Dorfes gebacken wird. Wir werden eine nette Pause einlegen, bevor wir dann zum Flughafen eilen müssen, um unseren Flug zu kriegen. Wir werden nach Luxor fliegen, welches von hier aus 300 Meilen oberhalb des Nil Tals liegt."
Folgsam strömte ihre kleine Gesellschaft zurück zum Bus. Willy drehte sich um, um noch einen letzten Blick auf Sakkara und die drei großen Pyramiden zu werfen, die man am Horizont hinter der öden Wüste erkennen konnte. "Die alten Ägypter haben Sakkara die Treppen zum Himmel genannt", bemerkte Cheops hinter ihr. Willy nickte und stieg wortlos in den Bus. Choeps Gesicht verhärtete sich verärgert, während sie humpelnd in den Bus stieg.
Sie hatte angenommen, dass der Flug mehr als unangenehm werden würde. Die 6 Touristen saßen paarweise im Flugzeug, wodurch Cheops gezwungen war neben Will zu sitzen. Sie wusste, dass Will eigentlich gelernte Düsenfliegerpilotin bei der R.A.F gewesen war. "Fliegst du immer noch?", fragte sie, um die kalte Stille zu durchbrechen.
"Nein, momentan darf ich nicht mal Auto fahren."
"Worüber hast du vorhin mit den Laytons gesprochen?", fragte sie, selbst überrascht, dass sie eifersüchtig genug war nachzufragen.
"Ehe."
Cheops seufzte frustriert und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Sicherheitsvideo zu. Nachdem es zu Ende war, war es Willy, die sich - sehr zu Cheops Überraschung - bemühte, ein Gespräch zu beginnen.
"Ich würde es jetzt anders machen", sagte sie, während sie aus dem Fenster blickte.
"W... Was?"
"Ich würde fürsorglicher sein. Ich wollte nur, dass du es weißt bevor..."
"Ja, ich weiß", fiel ihr Cheops bitter ins Wort. "Immer noch versucht alle offenen Rechnungen vorher zu begleichen."
"Ich wünschte, ich hätte mich mehr für deine Arbeit interessiert. Ich habe in den letzten Tagen wirklich viel gelernt", sagte Willy, den Unterton in Cheops Stimme ignorierend. "Das Zeug ist wirklich interessant. Dieser Ramses war ein großer Krieger, huh?"
"Ja, Ramses II, wie viele der anderen Pharaonen auch."
Willy blickte aus dem Fenster hinunter zu dem grünen Streifen der den Nil säumte und vom Sand der Wüste umgeben war. "Militärisch ein ziemlich guter Ort für die Verteidigung", stellte Willy fest.
Cheops versuchte das Lächeln zu unterdrücken. "Ja, seine Abgeschiedenheit von den umgebenden Reichen hat es ermöglicht, dass es lange politisch stabile Perioden gab. Und die Frühlingsfluten haben die Fruchtbarkeit des Farmlandes garantiert. Das Leben im Niltal war gut."
"Du erzählst gute Geschichten. Du lässt die Geschichte wieder lebendig werden."
"Danke. Du siehst besser aus. Fühlst du dich auch so?"
"Ja, mein Kopf ist klarer. Betty füttert mich immer noch mit Bananen", lachte Willy.
"Du hast ein schönes Lächeln", sagte Cheops, obwohl sie entschlossen gewesen war, diese Frau genauso rücksichtslos zu behandeln, wie sie selbst von ihr behandelt wurde. "Wenn du dich besser fühlst, willst du mich nicht töten oder?"
"Doch möchte ich!", kam das Knurren, während eisblaue Augen sie unhöflich unterbrachen und Ziel nahmen.
"Nein willst du nicht", kam die schnelle Antwort, während grüne Augen eine Herausforderung zurückfeuerten. "Was, wenn es nur die Drogen sind, Willy? Was, wenn du es bereuen wirst, wenn die Wirkung der Drogen nachlässt?"
"Ich weiß, was ich tue!"
'Nein tust du nicht', dachte Cheops 'Wenn du mich umbringst, wird es das töten, was dich ausmacht. Ich will nicht sterben und ich will nicht, dass du mit der Schuld leben musst, mich umgebracht zu haben, während du unter Drogen standest.'
Cheops entschloss sich, die Taktik zu ändern, während die stoische Frau noch mit ihr redete. "Warum hast du die Kinder zusammen begraben?"
"Sie waren Seelengefährten. Er ist gestorben, während er sie beschützt hat. Er hätte es so gewollt."
"Ja, da stimme ich zu."
"Das Flugzeug verliert an Höhe", bemerkte Willy, während sie sich umdrehte, um aus dem Fenster zu gucken, womit sie ihre Unterhaltung abrupt beendete. 'Da waren Zweifel', schlussfolgerte Cheops. 'Ich muss nur geduldig sein und darf ihr gegenüber nicht die Beherrschung verlieren. Nun gibt es neben dem immer noch vorhandenen Beschützerinstinkt auch Zweifel. Ich mache Fortschritte, aber werde ich sie rechtzeitig genug erreichen um mein Leben zu retten - und ihrs?'
*****************
In Luxor wartete ein anderer Minibus auf sie, der sie zu dem dreistöckigen Boot brachte, mit welchem sie langsam den Nil hinauf zum Assuan Staudamm fahren würden. Cheops fragte sich, wie weit sie kommen würde. Wann würde Will entscheiden, dass sie auf ihre Kosten gekommen war und nun ihre Rache wollte? 'Nun ja, wenigstens interessiert sie sich für Archäologie. Wenn sie sich gelangweilt hätte, wäre ich jetzt wahrscheinlich schon tot!'
Sie hatten ihre mit Teakholz und Messing ausgekleideten Kabinen in der zweiten Etage bezogen und konnten sich nun mit dem Schiff vertraut machen. Die meisten gingen an der Bar und dem Speisesaal in der dritten Etage vorbei und hinaus auf das offene obere Deck, um zu lesen, im Pool zu schwimmen oder die Boote zu beobachten, welche auf dem Nil fuhren. Während Bob zur Bar zurückkehrte, redete sein Vater mit den Laytons und den Brants. Willy ging in die erste Etage hinunter, wo die Kabinen der Besatzung waren und sprach mit einigen der Segler, welche in der Ägyptischen Armee gedient hatten und etwas Englisch konnten. Dort traf sie auch die Kinder.
Zwei paar großer, dunkelbrauner Augen, die aus gebräunten Gesichtern schauten, welche durch Hunger und Erschöpfung abgemagert waren. Sie saßen ängstlich auf einigen Getreidesäcken und beobachteten jede Bewegung, die die am Tisch sitzenden Erwachsenen machten. Den Seglern war es peinlich dort zu sitzen und mit einer Frau zu reden. Will war entspannt. Als Frau in einem Teil des Militärs, das selten Frauen akzeptierte, war sie männliche Gesellschaft gewöhnt.
Sie sprachen von Waffen und dem Golfkrieg. Will lenkte die Unterhaltung vorsichtig zu den Transportsystemen am Fluss und zu den Sicherheitsmaßnahmen. Nach ihrer Mission würde sie das Gebiet schnell verlassen müssen. Sie hatte nicht vor, in einem ägyptischen Gefängnis vor sich hin zu vegetieren. Einer der Männer drehte sich um und sprach schroff zu dem älteren Kind. Ohne ein Wort stand sie auf und hastete davon.
"Sind das ihre Kinder?", fragte Willy.
"No. Eltern sterben. Deir El-Bahari. Mutter, sie keine gute Frau. Vater, er Europäer." Der Mann runzelte die Stirn und tat so als würde er aus einer Flasche trinken. "Nicht gut. Er arbeiten als Vorarbeiter vor Ort. Mutter, sie bringen Mittagessen und sehr böse Leute, sie töten sehr viele an diesem Tag."
Will blickte durch das Bullauge und versuchte ihre Gefühle zurückzudrängen. Sie nickte verständig. "Warum sind sie hier?"
Der große stämmige Mann blickte finster drein. "Mutter, sie Cousine war von meiner Tante. Sie fragen, ich helfen. Sie verstecken sich hier. Arbeiten für Mannschaft. Sie haben Platz zum schlafen und Essen. Besser als Straße für sie."
Das kleine Mädchen kehrte mit einem Korb voller Orangen zurück. Der Mann gab ihr eine und bot die restlichen den anderen an. Das kleine Mädchen kehrte auf ihren Platz zurück und schälte die Orange, bevor sie sie mit ihrem Bruder teilte. Will beobachtete sie. Kleine Gestalten im Schatten. Wie Seelen die umherirrten, nachdem der Tod an ihnen vorbeigezogen war. "Ich will sie haben."
*******************
Cheops ging zur Brücke und kontaktierte die Reiseagentur, um bescheid zu sagen, dass sie sicher angekommen waren und alles in Ordnung war.
Es war später Nachmittag nachdem Cheops den Papierkram erledigt hatte und sich auf den Weg zu ihrer Kabine machte, um vor dem Essen zu duschen und sich umzuziehen. Kaum dass sie ihre Tür geöffnet hatte, stieß sie jemand mit dem Arm in den Rücken und sie landete auf dem Fußboden ihrer Kabine.
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Das Mädchen saß auf dem einen Bett und ihr Bruder auf dem andere. Sie hatte Angst, aber versuchte, es nicht zu zeigen. Abutti hatte ihr erzählt, dass sich die Frau um sie kümmern würde. Die Frau hatte Abutti Geld gegeben. Abutti hatte gesagt, dass die Frau freundlich war und dass sie artig und gehorsam sein sollten. Trotzdem hatte sie Angst. Sie verstand nicht, was die seltsame Europäerin mit ihnen wollte. Europäer, wie ihr Vater, waren ungläubige.
Die Frau hatte gesagt, dass sie Willy hieß. Sie hatte auch noch andere Dinge erzählt und Amand hatte gelächelt und genickt, obwohl sie es nicht wirklich verstanden hatte. Sie beobachtete die Frau aufmerksam, während sie ihnen das Bad zeigte und gestikulierte, dass jedes Kind sein eigenes Bett bekommen würde. Die Frau tat so, als würde sie essen. Amand lächelte und nickte, aber die Frau schien sich nicht darüber zu freuen. Sie sah verärgert aus.
Sie zuckte zurück, als die große, dunkle Frau ihre Hand ausstreckte, aber alles, was die Frau tat, war sie traurig anzulächeln und ihren Kopf zu tätscheln. Dann ging sie, holte sich was zum Anziehen heraus und verschwand im Badezimmer.
Willy machte sich frisch und schlüpfte dann in beige Hosen und ein R.A.F T-Shirt. Gerade als sie dabei war sich die Haare zu kämmen, hörte sie, wie etwas gegen die Wand schlug. Dann hörte sie es noch einmal. Laute Stimmen, die sie nicht wirklich erkennen konnte, kamen aus dem Raum nebenan. Cheops Kabine!
Willy rannte los und hielt kaum inne, um die Tür zu Cheops Kabine zu öffnen, bevor sie hinein stürmte. Bob lag am Boden und sah irgendwie krank aus, während Cheops weiß wie eine Kalkwand nach Luft ringend gegen das Bullauge gelehnt war. Willy erfasste die Situation mit einem Blick und näherte sich dem dahin gestreckten Mann mit einem tödlichen Blick.
"Will!" Willy hielt inne und blickte zu Cheops hinüber. "Tu ihm nichts. Schaff ihn einfach nur hier raus, ja?", fragte sie.
Willy nickte, ergriff Bob beim Kragen und schleifte ihn aus dem Raum, bevor sie die Tür mit dem Fuß schloss. Cheops konnte draußen einige dumpfe Schläge hören. Kurze Zeit später, kam ein leises Klopfen - zweimal kurz, einmal lang.
Wackelig ging Cheops zur Tür hinüber und öffnete sie. Draußen stand Will und sah besorgt aus. "Bist du ok?"
Cheops nickte mit Tränen in den Augen. "Können wir für eine Weile einen Waffenstillstand einlegen?" Nun da sich die Aufregung gelegt hatte, ging sie langsam in Schockzustand über. Bob war betrunken und widerlich gewesen und Cheops war einige Male gegen die Wand geprallt, bevor sie in der Lage gewesen war, ihre Balance wieder zu erlangen, indem sie sich in der Ecke abstützte, um dann einen von Willys Würgegriffen anzuwenden und Bobs tollpatschige Annährungsversuche zu beenden. Willy trat herein und nahm sie auf den Arm, wobei sie die Tür mit dem Fuß schloss. Sie trug Cheops zum Bett hinüber und setzte sie vorsichtig ab.
"Hey, du hast dich doch gut gehalten. Hab dir doch gesagt, dass du meine Hilfe nicht brauchst", flüsterte Willy, während sie sich neben das Bett kniete, da Cheops sie fest hielt und nicht beabsichtigte loszulassen. Für eine ganze Weile blieben sie so, bis Will sich zurückzog. Sie konnte spüren, wie die Drogen wieder begannen, durch ihren Körper zu wandern und schmeckte den chemischen Geschmack im hinteren Teil ihres Mundes. Es war Zeit zu gehen. Ohne ein Wort stand sie auf und ging.
********************
Amand sagte ihrem Bruder, dass er nicht weinen sollte, während sie dem Kampf im Nebenzimmer lauschten, ihre Augen weit vor Angst. Ihr Bruder wollte zum Frachtraum zurück rennen, aber Amand erklärte ihm, dass sie nun nicht mehr Abutti sondern der seltsamen europäischen Frau gehörten.
Nach einer Weile kehrte die große Frau zurück. Sie sah sehr verärgert aus und die zwei Kinder saßen sehr still und leise. Die Frau schien sie vergessen zu haben. Sie setzte sich aufs Sofa und vergrub ihren Kopf in ihren Händen. Amand fragte sich, ob sie sich verletzt hatte.
Sie entzog sich dem Griff ihres Bruders, welcher versuchte, sie zurückzuhalten und ging leise zu ihrer neuen Herrin herüber, bevor sie sachte an ihrem Ärmel zog. Der dunkel Kopf erhob sich und Amand schnappte erschreckt nach Luft, als die blauen Augen mit voller Kraft auf die ihren trafen. 'Sie hat den bösen Blick! Und nun bin ich verflucht!' Aber die Frau namens Willy lächelte und umarmte sie kurz. Dann verließ die Frau sie. Amand erklärte ihrem Bruder, dass sie glaubte, dass die Frau gesagt hatte, dass sie essen gehen und ihnen dann einige Reste mitbringen würde. Ihr Bruder kam herüber und setzte sich dicht neben sie auf die Couch, während sie warteten.
Cheops kam nicht zum Abendessen und genauso wenig kam Bob. Nach dem Essen nahmen die Gäste ihren Kaffee und gingen hinauf zum Deck, um dem roten Sonnenuntergang über dem Nil zu beobachten. Willy nahm Aaron beiseite. "Sie müssen mit ihrem Sohn reden", informierte sie ihn ernst. "Er hat in letzter Zeit zu viel getrunken und Cheops einige Male angebaggert."
Der alte Mann lachte. "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm! Ich war auch ziemlich wild, als ich so jung war!"
Willys Gesicht verhärtete sich verärgert. "Lassen sie es mich etwas klarer ausdrücken. Bob wird sich von Cheops fernhalten oder ihr Apfel wird unter meinem Schuh zu Staub zermahlen."
"Sie drohen meinem Sohn?", wollte der alte Mann wissen. "Mein Bobby ist schon in Ordnung, sage ich immer. Er muss sich seine Hörner nur etwas mehr abstoßen als andere."
"Nein, ich drohe niemandem. Ich gebe ihnen ein garantiertes Versprechen", zischte Willy und Aaron zuckte verängstigt zurück. "Halten sie diesen Idioten von Cheops fern!"
Willy nahm die Stufen immer zwei auf einmal, bevor sie den Speisesaal erneut betrat. "Hey, können sie mir etwas zu essen für die Kinder fertig machen. Außerdem bräuchte ich einen Teller für Cheops", fragte sie einen der Kellner, den sie unter Deck schon einmal getroffen hatte. Er nickte und verschwand in der Küche. Nach einer Weile kehrte er mit einem großen Tablett zurück, auf dem sich Teller mit Lamm und Gemüse, eine Kaffeekanne und Honigkuchen befanden.
"Danke, setzten sie es auf meine Rechnung." Willy lächelte, bevor sie das Tablett vorsichtig eine Etage hinunter und den Gang entlang zu ihrem Zimmer trug. Sie lächelte ihre neuen Freunde an und stellte ihnen einige Teller mit Essen hin. Den Rest brachte sie zu Cheops. Sie klopfte leise - zweimal kurz, einmal lang - und wartete. Cheops öffnete die Tür nur in einem dünnen Nachthemd aus reiner Baumwolle bekleidet. Willy betrachtete sie von oben bis unten. Sie mochte, was sie sah. 'Ok gibs zu, du willst immer noch was von Malone! Aber das ist egal. Es ändert nichts.'
"Ich muss mit dir reden", erklärte sie brüsk.
"Waffenstillstand?"
Willy seufzte. "Um Himmels Willen Malone, ja, Waffenstillstand! Verdammt noch mal!"
"Malone; du hast mich nicht mehr so genannt seit... seit bevor du weggegangen bist. Du hast mich immer mit meinem Nachnamen angesprochen, erinnerst du dich?"
Willy sah unbehaglich aus. "Na und? Ich bin Soldatin. So sprechen wir einander halt an."
"Ich weiß. Aber du hast Zivilisten nie mit ihren Nachnamen angesprochen, nur deine Kumpels beim Militär und mich. Das gab mir das Gefühl, als würdest du mich in deinem Leben akzeptieren. Es war ein süßer Kosename."
"War es nicht!"
Cheops lächelte und nahm das Tablett. Es war ein ziemlich großes Tablett für die Menge an Essen, die sich darauf befand. "Komm rein. Über was wolltest du sprechen?"
Willy sah sich in dem kleinen, schönen Prunkzimmer um und setzte sich , da sie die Couch ablehnte, in einen der zwei grünen Lederarmstühle. Cheops nahm den anderen und balancierte das Tablette auf dem kleinen Beistelltisch. "Nun?"
Willy blickte auf ihre Hände hinunter, dann aus dem Fenster, räusperte sich und blickte letztendlich wieder auf ihre Hände hinunter.
Cheops wartete geduldig und aß leise ihre Mahlzeit. 'Oh Junge! Was auch immer es ist, es hat Willy ziemlich aus der Fassung gebracht. Sie ist nur so sprachlos, wenn es etwas wirklich persönliches ist! Ich hoffe, dass sie Bob nichts getan hat!'
"Ahhh, es gibt da diese Kinder. Weißt du, Straßenkinder. Nubier. Naja eigentlich ehr gemischte Rasse. Ihr Vater war Europäer. Ihre Eltern sind in Deir El-Bahari getötet worden. Er war Vorarbeiter einer Reparaturmannschaft und sie hat ihm das Mittagessen gebracht. Sie sind im Kreuzfeuer umgekommen."
"Und weiter?", ermutigte sie Cheops.
"Sie sind in meiner Kabine."
"Was?!", rief Cheops überrascht, ihr Essen bei Seite schiebend.
"Sie haben auf dem Schiff für ein paar Essensreste gearbeitet. Keiner will sie haben. Sie sind noch Kinder, Cheops!"
"Sie sind also blinde Passagiere."
"Naja, nicht unbedingt. Ich meine, ein Großteil der Mannschaft, wusste, dass sie an Bord sind."
"Lass mich raten, der Besitzer und der Kapitän haben keine Ahnung!"
Willy lächelte sie verlegen an.
Cheops lächelte zurück. "Ok Will, was willst du?"
"Ich möchte, dass du mit dem Kapitän sprichst, so dass ich für ihre Fahrt bezahlen kann. Morgen können wir ihnen dann Kleidung kaufen und..."
Cheops ergriff Wills Hand. "Will, das sind nicht unsere Kinder. Du kannst sie nicht einfach nehmen."
Das Gesicht verhärtete sich und die Stimme wurde leise und tödlich. "Doch, ich kann."Für lange Zeit konnte man nur die weit entfernten, dumpfen Geräusche des Hafens hören.
"Lass uns zu ihnen gehen", sagte Cheops und Willy lächelte.
"Danke Malone."
"Ich will mich nur vorher umziehen", sagte Cheops. Sie griff nach der Kleidung, die sie über einen Stuhl gehangen hatte und stellte fest, dass Willy nicht gewillt war zu gehen. 'Ok, ich kann damit umgehen', dachte sie, froh darüber, dass sie am Nachmittag eine Nachricht an ihren Kollegen an der Universität in Leeds geschickt hatte, welcher sie an Bord des Schiffes kontaktieren sollte. Sie wusste, dass er mit Geistesstörungen bei Militärangehörigen zu tun gehabt hatte, welche gerade aus Kampfgebieten zurück gekehrt waren.
Sie würde alle Hilfe brauchen, die sie bekommen konnte. Es stand nicht nur ihr Leben auf dem Spiel, sondern auch das von Willy und nun auch das zweier Kinder. Willy schien es nicht ungewöhnlich zu finden, dass sie einen Mord plante und zur gleichen Zeit zwei Kinder adoptieren wollte. Willy war in ihrem psychischem Zustand nicht in der Lage auf ein Kind aufzupassen.
Das Problem war nur, wie sollte sie Willy das klar machen, ohne sie zu verärgern!
Cheops schlüpfte aus ihrem Nachthemd und hob einen Spitzenslip auf, um ihn anzuziehen. Sie sah nicht zu Will hinüber, aber sie wusste, dass Will sie beobachtete. Wie würde Will reagieren, wenn sie die Prothese zum ersten Mal sah? Will, deren Köper so schön und fit war, hatte Sport und Freilandaktivitäten immer geliebt. War sie in der Lage Cheops attraktiv zu finden, auch wenn die letzten 30 cm ihres rechten Beines künstlich waren? Sie konnte Wills Augen spüren. Sie fragte sich unsicher, ob Will ihren Körper oder ihre Prothese betrachtete. Cheops straffte ihre Schultern, egal wie, so war sie halt und sie konnte nur hoffen, dass sie Will an die tiefe Anziehungskraft erinnern konnte, die einmal zwischen ihnen existiert hatte. Sie blickte zu Will hinüber. Diese beobachtete sie definitiv! Was Cheops in jenen bemerkenswerten Augen sehen konnte, ließ sie vor Verlangen pulsieren. Zum ersten Mal hatte sie wirklich Hoffnung, ihr Geliebte wieder finden zu können. 'Deine Seele ist nicht wirklich tot oder Will? Du hast sie nur sehr tief vergraben, so dass der Schmerz keine Chance hatte dich zu zerstören.'
Cheops ignorierte den BH und zog ein übergroßes T-Shirt und lange Hosen an, bevor sie sich umdrehte, um Will in die Augen zu blicken. Will erhob sich langsam, wie ein Panther, der seine langen Beine streckte. Sie trat vor Cheops und murmelte mit vor Verlangen rauer Stimme: "Das wird dir auch nicht helfen."
"Doch wird es", antwortete Cheops weich, während sie ihre Arme um den Nacken ihrer Kriegerin legte und sie mit all der Leidenschaft küsste, welche sich in dem letzten zwei Jahren angestaut hatte. Will hob sie hoch und drückte sie gegen das Bullauge, während ihre Küsse hungriger und suchender wurden. Als sie letztendlich Luft holen mussten, lehnte Will gegen sie und Cheops hatte ihre Beine um die Hüften ihrer Exgeliebten geschlungen. Sie sahen einander in die Augen und jede erkannte, dass sie wesentlich weiter gegangen war, als sie eigentlich beabsichtigt hatte.
Cheops löste sich von ihrer Geliebten und Will, zog sich zurück, nachdem sie sicher war, das Cheops sicher auf ihren eigenen Beinen stand. "Wir sollten besser nach den Kindern sehen Malone. Ich habe versucht mit ihnen zu reden, aber ich glaube nicht, dass wir uns wirklich verstanden haben."
Cheops nickte, aber keine von beiden bewegte sich. Will beugte sich hinunter und küsste Cheops noch einmal. "Ich habe keinen Platz zum schlafen."
"Doch hast du", versprach Cheops, bevor sie sich erneut küssten.
Sie gingen in Wills Kabine hinüber, wo die beiden kleinen Kinder mit weit aufgerissenen Augen auf dem Boden saßen und einen wohl genährten aber verwirrten Eindruck machten. Cheops schenkte ihnen ein breites Lächeln und setzte sich zu ihnen auf den Boden, bevor sie anfing mit dem Mädchen und ihrem kleinen Bruder zu reden. Willy wartete ungeduldig im Hintergrund.
"Sie sind Waisen, Will!"
"Das habe ich dir doch gesagt."
"Sie sehen halb verhungert aus! Sie haben unten in den Lagerräumen geschlafen und der Mannschaft geholfen, um etwas zu essen zu bekommen."
"Das habe ich dir auch erzählt!"
"Das Mädchen heißt Amand und der Junge Zahi."
"Hallo Amand, Zahi", lächelte Willy.
"Ok, ich werde mit dem Kapitän reden. Aber Will, du musst verstehen, dass wir die Polizei benachrichtigen müssen, so dass diese nach lebenden Verwandten suchen kann, bei denen sie wohnen können."
Willy nickte ernst mit dem Kopf. Cheops drehte sich um und erklärte es den Kindern, welche erfreut lächelten, bevor sie Cheops und Will umarmten. Ihre Augen trafen sich und Wills Augen hatten zum ersten Mal in jene sanfte seeblaue Färbung, welche Cheops so liebte. "Sag den Kindern, dass es Zeit ist schlafen zu gehen", befahl Will. Cheops gehorchte. Sie glaubte zu wissen, nach was ihrer Kriegerin war und wollte es selbst auch unbedingt.
Sie überredeten die Kinder nacheinander duschen zu gehen und gaben ihnen saubere R.A.F T-Shirts. Willy kämmte ihre nassen Haare, während Cheops ihnen erklärte, dass sie im Nebenraum sein würden und dass sie am nächsten Tag nicht mehr länger blinde Passagiere sein würden. Wills Hände zitterten. Sie war erschöpft und die Drogen bahnten sich erneut ihren Weg durch ihren Körper wodurch es ihr schwer fiel, klar zu denken und ihre Gelenke schmerzten.
Das Mädchen antwortete in gebrochenem Englisch: "Sie sind so freundlich. Sie sind so freundlich. Mein Bruder auch, wir danken ihnen!" Die Frauen wünschten den Kindern eine gute Nacht und steckten sie in ihre neuen Betten.
"Sie sind ziemlich jung, Will", sorgte sich Cheops.
"Ja. Amand ist vielleicht acht oder neun, und Zahi ungefähr fünf oder sechs", antworte Willy, während sie die Tür aufhielt, so das Cheops ihre Kabine betreten konnte.
Willy schloss die Tür und lehnte sich dagegen. Cheops drehte sich überrascht um. "Ich bin dir dankbar, dass du mir hierbei hilfst, Cheops, aber ich muss dir sagen, dass es nichts an deinem Schicksaal ändern wird."
Cheops humpelte vorwärts, bis sie genau vor Willy stand. Sie blickte tief in jene bemerkenswerten Augen, wobei sie bemerkte, dass sie wieder erweitert waren. "Du liebst mich immer noch, auch wenn du es unter einer Schicht Hass vergraben hast. Ich werde dich erneut erreichen", sagte sie, und reichte hinauf, um Wills Gesicht zu streicheln.
Ihre Hand wurde grob weggestoßen. "Gib mir den Schlüssel. Ich werde später wieder kommen und im zweiten Bett schlafen", befahl Will kalt.
Cheops nickte. Willy hatte sich erneut verändert und mit dieser Frau war nicht zu spaßen. "Hier", sagte sie, während sie den Schlüssel aus der Tasche zog und mit ausgestrecktem Arm überreichte. Will nahm den Schlüssel und ging ohne ein weiteres Wort.
Sie schritt den langen Gang hinunter und die zwei Treppen hinauf zum offenen Deck. Dort ging sie im dunkeln auf und ab, bis sie Stunden später zu erschöpft war, um weiter zu laufen. Erst dann kehrte sie zu Cheops Kabine zurück.
Sie zog sich aus und legte sich ins Bett, wo sie die Stille und die Dunkelheit genoss. Warum hatte sie Cheops vor Bob beschützt? Es ergab keinen Sinn dies zu tun. Vielleicht war es, weil irgendwas mit Bob Scott nicht zu stimmen schien. Bei ihm lief es ihr kalt den Rücken hinunter! Vielleicht war das ja der Grund. Oder hatte Cheops Recht gehabt und sie hatte wirklich Probleme, zu entscheiden, ob sie Beschützer oder Henker ihrer früheren Geliebten sein sollte. Verfälschten die Drogen immer noch ihr Realitätsgefühl? Nein, sie war rational. Es war rational Cheops davor zu retten von Bob vergewaltigt zu werden, so dass sie sie später töten konnte, oder?
Es war außerdem logisch, dass sie Malone immer noch attraktiv fand. Es war doch möglich, dass jemand einen erregte, obwohl man ihn hasste, oder nicht? Das war auf jeden Fall rational. Sie konnte Malones sanften Atem hören. Wie viele Nächte hatte sie mit dieser Frau im Bett gelegen, nachdem sie sich geliebt hatten und hatte sich von ihrem sanften Atmen in den Schlaf geleiten lassen?
Sie hatte sterben wollen, nachdem sie Ägypten verlassen hatte, aber sie war es nicht. Stattdessen war sie von Terroristen gefangen genommen und monatelang gefoltert worden. Anfangs hatte sie ihre Seele vor den Schmerzen und Vergewaltigungen geschützt, indem sie sich an den Sommer voller Liebe gedacht hatte, den sie mit Cheops und den Kindern geteilt hatte. Aber die Fantasie hatte immer in einer entsetzlichen Blutlache geendet. Später hatte sie aufgehört zu versuchen sich an den Erinnerungen festzuklammern und sich stattdessen darauf konzentriert, was aus ihrem Leben geworden war - Hass. Hass für die Folterknechte, Hass für Cheops, Hass für das Leben an sich. An ihrem tiefsten Punkt hatte sie sich an den einzigen Grund erinnert, den es gab um weiter zu leben - Rache. Danach war es leichter gewesen.
Willy drehte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Es war am besten nicht zu denken und einfach nur zu handeln. Sie war sich nicht sicher ob sie nicht auseinander fallen würde, wenn sie jetzt anfing ihren einzigen Grund zum Überleben anzuzweifeln. All der Schmerz, die Demütigung und die Qual; wozu sollte das gut sein, wenn sie ihre Rache nicht bekommen würde?!
Willy stöhnte im Schlaf, wodurch Cheops aus ihrem eigenen unruhigen Schlummer erwachte. Sie schaltete die Leselampe ein und setzte sich auf. Will lag nackt auf dem Bett. Cheops Herz klopfte, während ihre Augen langsam über den prächtigen Körper der Kriegerin glitten. Ihr Magen zog sich zusammen, als sie die Tiefen Narben sah, die die Elektroden hinterlassen hatten. "Oh Gott!", flüsterte sie leise, bevor sie nach ihrer Prothese griff und zu der Frau hinüber ging, die sie liebte.
Sie stoppte sich gerade noch rechtzeitig. Wenn sie Will jetzt berührte oder sie sogar aus ihrem Albtraum erweckte, wer weiß, was sie dann tun würde! Cheops biss sich auf die Lippe. Wie konnte sie Will helfen ohne ihr eigenes Leben zu gefährden? Sie lehnte sich gegen das Bullauge und schob den Stumpf ihres amputierten Fußes unter ihr anderes Knie. "Vor langer Zeit, erhob sich im Norden ein großer König. Er brachte dem oberen Nil Wohlstand und Stabilität, bevor er schwächere Könige des unteren Nils mithilfe einer Serie brillanter militärischer Manöver überwältigte und Ägypten zum ersten mal vereinte. Sein Name war Narmer und dies ist seine Geschichte..."
Langsam wurde das Stöhnen leiser und Wills steife, ruckartige Bewegungen beruhigten sich bis sie erneut tief und entspannt schlief. Sie atmete gleichmäßig und ihr Gesicht nahm seine klassisch schöne Gestalt an.
"Und durch die Nutzung von König Narmers Tafel sind wir in der Lage die Vergangenheit genauer zu betrachten und haben von den Erfolgen des Pharaos erfahren. Dieser einfache Schreiber hatte den mächtigen Pharao unsterblich gemacht", endete Cheops eine Stunde später. Dann schlüpfte sie zurück in ihr Bett, löschte das Licht und fiel in tiefen Schlaf.
****************
Als sie erwachte, war Will bereits verschwunden. Schnell zog sie sich an und machte sich auf den Weg zum Kapitän. Nach einer einstündigen hitzigen Diskussion und dem Wechsel von Geld hatte Cheops es geschafft den Status der Kinder von blinden Passagieren zu Erste Klasse Gästen aufzuwerten.
Sie fand Will und die beiden Kinder beim Tischtennisspielen auf dem obersten Deck. Die Brants und die Laytons waren auch dort und feuerten die Kinder an, welche sich bemühten Will zu schlagen. Willy fing den Ball ohne hinzugucken, als sie Cheops mit ihrem ungleichmäßigen Gang die Treppen hinauf kommen sah. Die Versammelten drehten sich um und sahen sie an, als sie zum Tisch herüber kam.
"Nun?", fragte Willy wirklich besorgt.
"Es ist alles geklärt. Die Kinder sind nun in deine Kabine gebucht und du in meine", lächelte Cheops.
"Ja!", rief Will, schlang ihre Arme um Cheops und wirbelte sie im Kreis.
"Ist es ok?", fragte Amand nervös.
Will wurde plötzlich bewusst, was sie tat und stellte Cheops wieder auf den Boden, bevor sie einen Schritt zurücktrat.
"Danke Malone", sagte sie förmlich. Cheops nickte kalt, bevor sie den Kindern lächelnd erklärte, dass alles in Ordnung war.
"Nun, das sind gute Nachrichten oder Jean?", strahlte Betty.
"Sehr gute Nachrichten!"
"Hören sie, ich bin Anwalt, wenn ich ihnen irgendwie mit dem Papierkram helfen kann, fragen sie einfach", bot Bill Brant an.
"Danke", sagte Will, nun wieder erfreut grinsend.
"Können die Kinder mit auf die Tour kommen heute?", fragte Jean, während sie mütterlich Zahis dickes Haar tätschelte.
"Ja klar, Will hat für ihre Tour bezahlt! Wenn alle bereit sind, werden wir uns Luxor ansehen, bevor wir uns nachmittags Karnak vornehmen. Ich denke, das ist unser Bus, der da grad kommt." Die Gruppe ging die Treppen hinunter, wobei Cheops jedes mal ein wenig hopste, wenn sie ihren künstlichen Fuß eine Stufe nach unten bewegte. Will trug die beiden kichernden Kinder, jedes über eine Schulter geworfen, als sie vor allen anderen die Treppen hinunter galoppierte.
"Sie haben sie sehr glücklich gemacht. Ich hätte nicht gedacht, dass sie der mütterliche Typ ist", bemerkte Jean, die langsam neben Cheops her lief.
"Will ist eine wundervolle Mutter", verteidigte Cheops automatisch.
Jean sah überrascht aus. "Sie hat noch mehr Kinder?"
Es gab keinen Weg die Angelegenheit zu vermeiden. "Will und ich haben Kinder im Gemetzel von Deir El-Bahari verloren", sagte sie, ihre Stimme angespannt, während sie versuchte ihre Gefühle zu kontrollieren. "Wir reden nicht gern darüber."
Jean sah aufrichtig bekümmert aus. "Tut mir Leid", sagte sie und legte einen Arm um Cheops, sie kurz umarmend. Unten trafen sie die Scotts, die zur Gruppe hinzu gestoßen waren. Will hatte einen mörderischen Gesichtsausdruck aufgesetzt.
Aaron Scott drehte sich um, als Cheops die letzte Stufe hinter sich ließ. "Sie haben nichts davon gesagt, dass es auf diesem Ausflug Kinder gibt!", beschwerte er sich.
"Es stand auch nirgendwo in der Tourbeschreibung, dass Kinder verboten sind", bemerkte Cheops fröhlich. "Die Reise der Kinder ist bezahlt und bis jetzt haben sie sich gut benommen. Aber ich verstehe ihre Bedenken, Aaron. Ich bin mir sicher, dass sie über die Jahre genug mit Kindern zu tun hatten." Ihre Augen wanderten zu Bob. "Ich werde sicher stellen, dass Will sie von ihnen fern hält."
Will lächelte. Malone konnte einem schon immer mit Worten die Kehle durchschneiden und man würde es erst bemerken, wenn man sich umdrehte und den Kopf verlor! Die anderen Mitglieder der Reisegruppe schmunzelten und warfen einander hinter den Rücken der Scotts wissende Blicke zu, bevor sie die Landungsbrücke und die Steinstufen, die das Flussufer säumten, hinunter und zum Bus gingen.
Der Biss hinter Cheops scheinbar freundlicher Bemerkung war Bob nicht entgangen. Außerdem schmerzte ihn immer noch der Schlag, den Will ihm am Vortag verpasst hatte. Er schloss seine Augen und fühlte, wie das Feuer der Begierde in ihm wuchs. Begierde und Hass, wurden Seite an Seite ein brennendes Bedürfnis. Er lächelte. Er war keiner, der nicht zuletzt lachte.
Luxor saß am Rande der Straße und im Hintergrund konnte man die Stadt Luxor sehen. Auf den ersten Blick fand die Reisegruppe die Gegend nicht sonderlich beeindruckend. Sie stiegen in einiger Entfernung aus dem Bus und Cheops besorgte ihre Karten. Willy spielte in einiger Entfernung von den anderen fangen mit den Kindern. "Jetzt lacht sie", beobachtete Betty, die neben Jean stand und zusah, wie die einsame Frau lebendig wurde, während sie mit den Kindern spielte.
"Ich weiß nicht, was passiert ist, aber sowohl Cheops als auch Will haben Kinder in Deir El-Bahari verloren", erklärte Jean.
"Am Tag des Anschlags?", fragte Betty geschockt.
"Ich denke ja."
"Das war also der Grund für das Ende ihrer... das erklärt, warum beide manchmal so traurig zu sein scheinen", sagte Betty, ihre Bemerkung zensierend, da sie nicht wusste, ob Jean und Bill homosexuelle Paare akzeptierten. Salt Lake City war nicht gerade für seine vorurteilslose Einstellung bekannt.
"Alle bereit?", rief Cheops, bevor sie was auf ägyptisch sagte, woraufhin die beiden Kinder an ihre Seite kamen. Willy blickte sie finster an und folgte in einiger Entfernung. Betty schüttelte ihren Kopf. Wenn sie die beiden Frauen beobachtete, musste sie immer an die Wintertage mit ihrem alten Ford denken. Der Motor rasselte, aber es war nicht genug, um ihn anspringen zu lassen.
Wie immer mussten sie sich in eine Reihe stellen, um durch die Sicherheitskontrolle zu kommen. Jeder musste durch einen Metalldetektor gehen und die Taschen wurde von der Touristenpolizei durchsucht. Es wurden alle möglichen Anstrengungen unternommen, um sicher zu stellen dass nicht noch einmal Touristen angegriffen wurden. Nachdem sie das Gelände betreten hatten und die Treppen in den äußeren Hof hinunter gegangen waren, verstummten sie aufgrund des vollständigen Eindrucks den sie nun von Luxor erhielten. Cheops lächelte; sie hatte diese Reaktion schon viele Male gesehen. Zu ihrer Linken befand sich die Allee der Sphinxen. Früher hatten Reihen von Sphinxen die zeremonielle Straße gesäumt, die von Karnak nach Luxor führte. Traurigerweise war die Stadt über einen Großteil davon hinausgewachsen. In einigen Häusern befanden sich immer noch Sphinxen, welche als Tische oder Stühle verwendet wurden! Nur etwa eine halbe Meile des beeindruckenden Weges war noch geblieben, welche jedoch immer noch in der Lage war, den Besuchern Erfurcht vor der Erhabenheit des alten Ägyptens einzuflößen.
Auf der Rechten Seite befand sich der Eingang zum Tempel von Luxor, welcher darüber hinaus ragte. Neben dem Eingang stand auf jeder Seite eine überdimensionale Statue von Ramses II. Allein die Sockel, auf denen die Figuren standen, waren größer als ein normaler Mann. "Meine Damen und Herren, darf ich sie mit Ramses II, dem Eroberer bekannt machen", verkündete Cheops dramatisch und wartete dann darauf, dass ihre Gruppe Fotos vom Eingang machte, so dass sie die Allee hinunter gehen konnten.
Sie erklärte Amand und Zahi auf ägyptisch, wie bedeutend dieser Ort war und führte sie zu einer der Sphinxen hinüber. Vorsichtig hob sie Zahi auf den Rücken eines dieser Fabeltiere, bevor sie Amand ihre Hilfe anbot. Plötzlich wurde Amand von starken Armen ergriffen und auf den Rücken der Sphinx gehoben.
"Danke", sagte Cheops. "Ich wollte ein Bild von ihnen machen. Warum stellst du dich nicht auch dazu? Die Polizei kann es als Hinweis bei ihrer Untersuchung benutzen", schlug die Archäologin frech vor.
Eine Augenbraue wanderte nach oben. "Sicher", stimmte Willy makaber zu. "Du bist heute in seltener Verfassung. Erst nimmst du dir Aaron vor und dann mich."
"Es kann sein, dass du es noch nicht bemerkt hast Willy, aber ich bin ein unwilliger Teilnehmer in deinem kleinen Spiel", kam die Antwort hinter der Kamera.
"Als wenn mich das kümmern würde, Malone", antwortete Willy, während sie sich umdrehte, um die Kinder wieder vom Rücken der Statue zu holen.
"Es kümmert dich", bemerkte Cheops. "Du verbietest dir nur es zu glauben. Du schuldest mir einen Gefallen und da ich vielleicht nicht mehr viel Zeit habe, möchte ich ihn gleich einfordern."
Willy hielt inne und ihre intensiven blauen Augen erfassten Cheops ihre. "Was willst du?"
"Dass wir vier den Tag als Familie verbringen", forderte Cheops sie heraus.
Der Ärger strömte von Will, wie die Sturmflut welche auf die Küste traf. "Miststück!"
"Deine Schuld. Meine Bedingungen", antwortete Cheops, ihre Position haltend.
"Es wird nicht funktionieren Malone", knurre Will.
"Es funktioniert", lächelte Cheops. "Abgemacht?"
"Wie du sagtest, ich schulde dir was und es muss schnell bezahlt werden. Du solltest nur nicht an dieses Trugbild glauben Malone. Es gibt nur noch eins zwischen uns."
Willy setzte Zahi auf ihre Schultern, so dass er über die Menschenmassen hinausblicken konnte. Er kicherte glücklich zu seiner Schwester hinunter, welche Besitz von Cheops Hand ergriffen hatte. Als Familie gingen sie zurück zum Haupteingang und schlossen sich den anderen an. Betty und Jean strahlten wissend. Aaron, Abe und Bill diskutierten die Änderungen der Republikaner in den anstehenden Wahlen und Bob stand im Schatten, von wo aus er das Geschehen mit fiebrig scheinenden Augen beobachtete.
Cheops zeigte ihnen die weißen Alabasterstatuen, des sitzenden Pharaos und seiner Frau. Sie erklärte, dass es wahrscheinlich die Statue eines anderen armen Pharaos war und dass Ramses der wohlmöglich schlimmste Graffitikünstler der ganzen Welt war. Er hatte während seiner Amtszeit viele Namen der Vorgänger mit seinem eigenen überschrieben! Sie zeigte ihnen die wunderschönen graziösen Hieroglyphen aus König Setys Herrschaft und die darunter befindlichen großen liederlichen Symbole, welche die Prahlereien seines Sohnes Ramses II waren.
"Sety war Philosoph und Künstler, während sein Sohn Krieger und unangefochtener Meister des Propagierens war", erklärte Cheops lachend. "Ich vermute, dass man als großer Kriegspharao sehr darum bemüht ist, sein Leben nach dem Tod zu beschützen."
"Wann hat Sety gelebt?", fragte Bill, der sich Notizen für sein Reisetagebuch machte, während seine Frau die Familienkamera bediente.
"In und um 1280 vor Christus", antwortete Cheops und führte die Gruppe weiter, so dass sie die Wand aus Ramses Statuen und das innere Heiligtum, in welchem sich immer noch der Opfertisch befand, angucken konnten. Hier waren die hohen Wände immer noch mit massiven Kalksteinplatten überdacht und durch Tausende von Nachtlichtern geschwärzt. Sie folgten Cheops durch die Reihen gewaltiger Säulen und diese machte sie auf den griechischen Stil und die Kapitelle aufmerksam, welche ägyptischen Lotusblüten ähnelten.
***************
Es war eine müde und erhitzte Gruppe, die zum Bus zurück ging, um zum Mittagessen zum Schiff zurückzukehren. "Mittag wird in einer Stunde serviert und dann werden wir so gegen 2 nach Karnak aufbrechen", erklärte Cheops.
"Ich nicht", murrte Aaron. "Ich habe genug Tempel gesehen. Ich bleibe heut Nachmittag hier."
"Sind sie sich sicher Mr. Scott? Karnak ist ein unglaublicher Ort", meinte Cheops ermutigend.
"Ich sagte ich bleibe hier", wiederholte der störrische Mann.
"Ich bleibe bei meinem Vater", bot Bob den pflichtbewussten Sohn spielend an.
"Fein, solange es sie nicht stört Karnak nicht zu sehen", stimmte Cheops zu, ebenso erfreut sie los zu sein. Nachdem dies geklärt war, verschwanden die Leute, um sich vor dem Essen zu erfrischen.
"Wir müssen den Kindern bessere Kleidung besorgen", bemerkte Willy, die sich die Schläfen rieb.
"Ja, das ist mein Job", sagte Cheops und fügte, als Willy sie scharf anguckte, hinzu: "Ich bin die, die Feilschen kann und ich spreche die Sprache. Ich werde nach dem Mittagessen mit den Kindern zum Markt gehen, der die Straße hinunter liegt. Warum legst du dich dann nicht etwas hin?"
"Mir geht's gut", schnappte Willy defensiv.
"Der Nachmittag wird lang Will", antworte Cheops sanft. "Versuch dich etwas auszuruhen. Die Kinder werden dich brauchen. Es wird auch für sie ein langer Tag."
Willy nickte launisch. Sie fühlte sich nicht gut. In ihrem Mund befand sich wieder der chemische Geschmack und ihr Kopf schmerzte, aber sie würde es Cheops gegenüber nicht zugeben. Diese würde nur wieder davon anfangen, dass sie wegen der Drogen nicht klar denken konnte.
"Will?"
"Was?!"
"Ich sagte, dass ich mich um die Kinder in ihrem Zimmer kümmern werde und dass du zuerst ins Bad kannst, ok?"
"Ja, ok", stimmte Willy schroff zu und tätschelte die beiden dunklen Köpfe, bevor sie ihren Schlüssel benutzte, um Cheops Kabine zu betreten. Das Badezimmer roch nach ihnen beiden; würzig und süß und nach warmen Kräutern. Uneingeladen schwirrten Bilder von gemeinsamen Duschen durch ihre Gedanken. Sie hatte Malone geliebt, seit sie sie das erste Mal gesehen hatte. Sie hatte geglaubt, dass diese Liebe ewig halten würde. Erinnerungen kamen zurück.
"Mein Gott bist du sexy!", hatte Malone gekeucht, als sie das gemeinsame Schlafzimmer betreten und Will zum ersten mal in ihrer Uniform gesehen hatte. Will hatte gelacht und war den nach ihr langenden Armen ausgewichen.
"Denk gar nicht erst daran mich zu berühren! Mein befehlshabender Offizier würde durchdrehen, wenn ich mit erdbeerblonden Haaren auf meiner Schulter und Lippenstift an meinem Kragen auftauchen würde. Himmel, selbst eine Falte in meiner Jacke würde mich vermutlich vors Kriegsgericht bringen!"
"Hmmm, diese Medaillen. Wofür sind die?", fragte Cheops, während sie die drei dekorativen Metallplättchen betrachtete.
"Handlung über die Pflicht hinaus", antwortete Will vage. "Du siehst wunderschön aus. Zu dumm, dass ich ausgerechnet dann zu so einem verdammten Abend muss, wenn die Kinder die Nacht bei Freunden verbringen."
"Hmmm. Was sind das für farbige Streifen?"
"Verdienstabzeichen. Orte in Übersee an denen ich gedient habe", erklärte Will, während ihre Augen den Kurven von Malones Körper folgten. "Zieh dich aus."
"Was?!"
"Bitte." Cheops lächelte überrascht, aber folgte den Anweisungen. Langsam knöpfte sie ihr Shirt auf und ließ es zu Boden sinken. Dann öffnete sie den Reizverschluss ihrer Shorts, während sie Wills Augen beobachtete, welche jede ihrer Bewegungen verfolgten. Die Hosen fielen zu Boden und sie trat aus dem Haufen heraus. Dann verschwand der BH und sie hob ihre Arme, um sich durchs Haar zu fahren, so dass Willy den Blick auf ihre Brüste genießen konnte, bevor sie ihr blondes Haare darüber fallen ließ. Ihre Hände glitten an ihrem Körper hinunter zu ihren Spitzenunterhöschen. Die Unterwäsche fiel in einer sanften Wolke, so dass sie vollständig entblößt vor ihrer Kriegerin stand.
Wills Mund nahm sanft einen wissenden Ausdruck an und ihre Augen funkelten teuflisch. Eine Augenbraue wanderte nach oben. "Im Bad wird gerade Körperöl warm. Würde es dir was ausmachen es zu holen?", fragte sie. Cheops eilte ins Bad und kam mit der Flasche süßen Öles, welche in heißem Wasser im Waschbecken gelegen hatte, wieder zurück. Offensichtlich hatte ihre Kriegerin dieses Liebesspiel vorher geplant.
"Jetzt leg dich aufs Bett und gieß etwas von dem Öl genau hier hin", schnurrte ihre Geliebte, während sie mit der Fingerspitze eine Linie zwischen Cheops Brüsten entlang strich. Cheops hatte bei der Berührung vor Erregung gezittert und Will einen herausfordernden Blick zugeworfen, während sie sich zum Bett hinüber begab und hinlegte.
Will ging zum Rand des Bettes und nickte, woraufhin Cheops etwas von dem warmen, duftenden Öl auf die gewünschte Stelle goss. "Jetzt verreib das Öl mit den Händen über deine Brüste. Spiel mit dir selbst, während ich zusehe. Schließ deine Augen und stell dir vor, dass es meine Hände sind, die über deinen Körper fahren. Spüre meine Wärme und mein Verlangen."
Ein schwaches Stöhnen kam von Cheops, während sie sich auf den Befehl ihrer Geliebten hin selbst befriedigte. Will beugte sich hinunter und ihre Lippen flüsterten dicht über Cheops': "Wenn ich heute Nacht nach Hause komme, werde ich dich lieben bis der Sonnenaufgang uns in eine rosa Liebesdecke hüllt. Fühle mich in dir Malone. Dein Geruch wird mir den ganzen Abend durch die Gedanken geistern." Ihre Lippen hatten sich ganz leicht berührt und dann war Will gegangen.

Willy lächelte bei diesem Gedanken. Ihre Rückkehr in dieser Nacht war alles, was sie sich vorgestellt hatte und noch mehr.
Und als sie dort im rosa Licht des Sonnenaufgangs der Wüste gelegen hatten, hatte Will einen simplen goldenen Ring an Cheops Finger gesteckt. "Ich liebe dich. Hiermit gelobe ich dir mein Leben, meine Seele und meine Liebe."
'Ich frag mich was aus dem Ring geworden ist.' Will verdrängte den Gedanken aus ihrem Gedächtnis. Sie spürte wie ihre Gedanken langsam und schwerfällig wurden. Vielleicht würde sie sich nur für einige Minuten vor dem Mittagessen hinlegen.


 Teil 3

 

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