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Copyright © September 2010 jany

 

Autumn Winds

By
Anne Azel
a_azel@hotmail.com

Übersetzung von jany

Teil 2
'Ich mag es', beschloss Robbie sich in der kleinen Blockhütte umsehend, während Janet damit beschäftigt war, die erschöpfte Rebecca ins Bett zu bringen. Die Holzwände waren in weichen Honigfarben gestrichen und die konservativen Polstermöbel waren komfortabel. Das Sofa und einer der Stühle hatten ein dunkles burgunderfarbenes Schottenmuster, während ein weiterer Stuhl waldgrün war.
Neben dem riesigen Kamin aus Granit, der den Schwerpunkt des Raumes bildete, befanden sich auf beiden Seiten große Fenster. Robbie blickte hinaus, konnte jedoch nichts erkennen, da die Nacht zu dunkel war. Die Küche befand sich gegenüber und wurde durch einen langen Holztresen mit einer Steinplatte vom Raum getrennt. An der dritten Wand befand sich ein eingebautes Bücherregal, in dem ein HIFI- und TV-Schrank eingelassen war. Die letzte Wand öffnete sich zu einem Flur hin, von dem aus man in zwei Schlafzimmer und ein Badezimmer gelangen konnte.
Sie hatten das Haus durch die Seitentür nahe der Küche betreten. Die Vordertür befand sich in einem kleinen Hausflur neben dem Wohnzimmer. Die Haustür schien, soweit Robbie es durch das Fenster erkennen konnte, auf eine Veranda hinauszuführen, welche sich am ganzen Haus entlang streckte.
Es war klein, aber gut durchdacht und geschmackvoll eingerichtet. Robbie setzte ihre Tasche auf einem Stuhl ab und ging zum Kamin hinüber, um das darüber hängende Bild zu betrachten. Der Maler war ein bekannter östlicher Waldindianer. Das Bild zeigte die Kornmutter, welche ihr Junges fütterte. Das Thema war einfach und kräftig in der Farbe. 'Das mag ich ebenfalls', dachte Robbie, während sie den Raum durchquerte, um sich die Bücher anzusehen.
Ein Teil der Bücher gehörte zur Unterhaltungsliteratur, aber die große Mehrheit an Büchern befasste sich mit Bildungstheorien. Mein lieber Schwan! Billy hat eine Lehrerin geheiratet!
"Entschuldige, dass ich dich einfachen so dort stehen lassen habe Robbie, aber ich musste zuerst Rebecca ins Bett bringen", erklärte Janet, als sie ins Zimmer zurückkehrte.
"Du bist Lehrerin?! Eine überbezahlte, wenig arbeitende, den Sommer frei habende, sich nicht für Grundlagen und Kinder interessierende Lehrerin?!", knurrte Robbie, während sie das in ihrer Hand befindliche Buch anhob, um den Titel "Methodik für das Unterrichten von begabten Schülern von J. J. Layton" zu offenbaren.
"Was? Hör zu, du...", fing Janet verärgert an, wobei ihre Wangen Farbe annahmen. Dann erblickte sie das Funkeln in Robbies Augen. "Ich wette, du warst ein richtiger Schulschreck", lachte sie, während sie die Arme vor der Brust verschränkte und die große Frau mit ihrem besten Lehrerblick ansah.
Robbie machte augenblicklich ein unschuldiges Gesicht, wobei sie mit dem Zeigefinger auf sich deutete. "Ich?"
"Hmmm, das erklärt, warum du ein unhöflicher, überheblicher, egozentrischer Workaholic geworden bist", knurrte Janet in ihrer besten Imitation von Robbies Stimme.
Robbie heuchelte Überraschung und Kränkung und Janet ging zu ihr hinüber, um ihr das Buch aus der Hand zu nehmen und es wieder ins Regal zu stellen. Ihre Körper waren nun dicht beieinander und Janet spürte erneut die sanfte Wärme und den würzigen Duft der berühmten Schauspielerin. 'Es ist kein Wunder, dass sie so einen wilden Ruf hat. Es wäre sehr schwer Robbie Williams zu widerstehen', dachte Janet.
Sie drehte sich herum und stellte fest, dass ihr Robbie wirklich sehr nahe war und zu ihr hinunter blickte. Für einen Moment herrschte angespannte Stille, bevor Robbie zurücktrat und fragte: "Nun, bist du eine Lehrerin?!"
"Ja, ich bin die Direktorin der Bartlet Schule für Begabte", offenbarte Janet über ihre Schulter, während sie sich beeilte den Küchentresen zwischen sich und Robbie zu bringen. Das, was sie für diese Frau fühlte, war definitiv nicht gut. Scheiße! "Kann ich dir etwas anbieten? Ich trinke um diese Zeit normalerweise eine Tasse Tee", plapperte Janet.
Robbie nickte und stellte sich nachdenklich neben das dunkle Fenster. "Ja, Tee wäre schön", antwortete sie nach einer Minute. 'Verdammt, ich muss müde sein. Ich hätte sie beinahe geküsst! Was ist nur mit dir los Williams!', dachte Robbie, während sie versuchte ihre Fassung wiederzuerlangen. 'Was mach ich hier um Himmels Willen?!'
Also was für eine Art Beziehung hattest du eigentlich mit meinem Bruder?", ging Robbie in die Offensive. "Du hast mir noch gar nicht geantwortet."
Janet verzog das Gesicht und stellte die Tasse hin, welche sie festhielt. Sie blickte über die Theke hinweg zu der großen Frau, welche sich inzwischen umgedreht hatte, um sie anzusehen. Ihre Augen trafen sich. Janet leckte sich die Lippen. Es war wohl sinnlos zu lügen. Robbie würde es überprüfen, da war sie sich sicher. "Ich brauchte schnell Geld. Viel Geld. Also habe ich meinen Körper an deinen Bruder verkauft", antwortete sie ruhig, erfreut darüber, dass sie ihre Gefühle gut genug in Griff hatte, dass ihre Stimme nicht zu zittern begann. Die blauen Augen zeigten Überraschung gefolgt von Zweifeln.
Janet schluckte und bereitete den Tee mit zitternden Händen. Das Plätschern des heißen Wassers und das Klappern des Porzellans waren schrecklich laut in der ohrenbetäubenden Stille, welche ihrer Aussage gefolgt war. Als sie endlich aufblickte, stand Robbie immer noch da und sah sie mit einem scharfsinnigen, kalkulierenden Gesichtsausdruck an.
"Möchtest du deine Tasche in dein Zimmer bringen, während der Tee kocht?", fragte Janet, um die Stille zu beenden.
"Ja", antwortete Robbie in Janets Augen blickend. Janet las Verwirrung in ihnen. Robbie sah Schmerz in den grünen Augen die ihr entgegenblickten.
Robbie folgte Janet in das Schlafzimmer, welches definitiv ihr gehörte. Hier waren die langen Holzstämme mit Navahoteppichen behangen. Sie waren nicht groß, aber von guter Qualität, stellte Robbie fest, während sie sich gegen den Türrahmen lehnte, nachdem sie ihre Tasche auf den Boden gestellt hatte. "Also verkaufst du deinen Körper, ja?", schnurrte sie und sah, wie Schock und Ärger in Janets Augen aufloderten. "Wie viel?", fragte sie mit stählerner Stimme.
"Das war ein einmaliges Geschäft, Robbie. Lass mich in Ruhe!", warnte Janet und trat zurück, als Robbie sich auf sie zu bewegte. Die große Frau sah gierig und gemein aus und ging auf sie zu, wie eine dunkle Dschungelkatze, welche sich an ihre Beute anpirschte. Janet griff hinter sich, als sie einen letzten Schritt zurück machte.
Schnell ergriff sie die Lampe mit dem Holzfuß und schwang sie in Robbies Richtung. Robbie hielt sie mit einer Hand auf. Die beiden Frauen starrten sich für eine lange Minute zornig an. "Was dachtest du, was ich tun würde? Dich vergewaltigen?!", fragte Robbie gedehnt, während sie verärgert eine Augenbraue hob.
"Lass uns eine Sache klarstellen Williams. Wenn du Teil von Rebeccas und meinem Leben sein möchtest, wirst du nicht versuchen deine Psychospielchen mit mir zu spielen oder mich einzuschüchtern!", stieß Janet wütend hervor.
"Ich möchte die Wahrheit wissen!", knurrte Robbie.
"Wahrheit?!", schnaubte Janet, als sie sich an Robbie vorbeidrängte und in Richtung Küche ging. "Nach der Williamsinszenierung, die ich heute erlebt habe, fällt es mir schwer zu glauben, dass die Wahrheit in deiner Welt überleben könnte!"
Sie betrat die Küche und musste feststellen, dass ihre Hände vor Wut so sehr zitterten, dass sie nicht in der Lage war den Tee einzugießen. Robbie kam um die Ecke, woraufhin Janet einen erschrockenen Satz machte.
Robbie rollte ihre Augen und drehte sich herum, um mit ruhigen Händen den Tee einzugießen und die Tassen ins Wohnzimmer zu tragen. Der Kaffeetisch, auf den sie die Tassen stellte, hatte die Form eines alten Schlittens. Während Robbie sich auf den grünen Stuhl setzte, ihre langen Beine ausstreckte und bequem in Höhe der Knöchel kreuzte, beschloss sie, dass Janet einen ungewöhnlichen und kreativen Geschmack hatte. Sie sah die wütende Frau, welche noch immer in der Küche stand, mit gehobener Augenbraue an und wartete.
Janet ging um den Tresen herum und ließ sich in den burgunderfarbenen Stuhl am anderen Ende des Kaffeetisches fallen. "Das war niederträchtig, was du eben abgezogen hast, du verdammtes Miststück", fuhr Janet sie bissig an, wobei ihre Stimmte vor Emotionen bebte.
Robbie zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. Man hatte sie schon schlimmer beschimpft. "Und dein Geschäft war es nicht? Ich habe dir schon mal gesagt, dass du meine Autorität akzeptieren sollst. Alles, was du je über mich gehört hast, ist wahr und es gibt eine Menge, was du noch nicht gehört hast. Und jetzt erzähl mir, was ich wissen möchte."
"Ich bin bereit deine Intelligenz und Fähigkeit anzuerkennen Robbie. Aber du hast keine Macht über mich und mein Leben und wirst sie auch nie haben. Wir werden viel besser mit einander auskommen, wenn DU eine ebenbürtige Beziehung mit mir akzeptierst", antwortete die kleine Frau zuversichtlich.
Robbie zeigte das kaum sichtbare Lächeln, welches Janet so sexy fand. "Das muss ich dir lassen, Schulmeisterin, du kannst dich behaupten. Ich möchte nur nicht, dass die Presse irgendetwas ausgräbt, über das ich nichts weiß und worauf ich nicht umgehend reagieren kann. Was du mir erzählst, wird niemand anders erfahren."
Janet nickte. "Da gibt es nicht viel zu erzählen. Mein Großvater war ein Glücksspieler. Als er älter wurde verlor er einen Teil seines scharfen Verstands und sein ganzes Geld. Er hat einige der Schulden, die er nicht bezahlen konnte, mit meinem Namen unterzeichnet. Er starb und ich habe herausgefunden, dass ich ein Vermögen an Schulden hatte. Die Gläubiger wollten sich nicht auf Ratenzahlungen einlassen und die Bank wollte mir nicht so viel Geld leihen. Ich stand kurz vor einer Gefängnisstrafe.
Ich war verzweifelt. Dann traf ich deinen Bruder auf einer Party. Er war ebenfalls verzweifelt. Er sagte, dass er einen Erben bräuchte, aber keinerlei Verpflichtungen gegenüber dem Kind und dessen Mutter haben wollte. Ich habe ihm gesagt, dass ich einen Erben für ihn bekommen und großziehen würde, wenn er mir im Gegenzug das benötigte Geld geben würde", erklärte Janet, während sie mit vor Stress weißem Gesicht zum Kamin sah.
Stille.
Robbie stand auf. "Ich werde jetzt schlafen gehen. Wo schläfst du?", fragte sie abrupt.
Janet blickte auf und zwinkerte angesichts des plötzlichen Themenwechsels. "Hier auf der Couch", sagte sie. Robbie nickte und verschwand. Janet lehnte ihren Kopf gegen die Stuhllehne, emotional erschöpft vom Tag und Robbie Williams. Die Frau war unmöglich, eine unberechenbare Mischung aus Feuer und Eis.
*****
Robbie lag in Janets Bett. Sie hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt und starrte an die Decke. Sie war angespannt vor Wut und hatte absolut keine Ahnung warum. Sie hatte bekommen, was sie von Janet gewollt hatte. Sie hat Temperament, die Kleine. Dem Bett haftete der Duft von heißen Sommergewürzen und Honig an, den sie als Janets Eigengeruch erkannte.
Billy hatte ebenfalls bekommen, was er wollte. Ihr Herz machte einen Satz und Schmerz erfüllte ihre Brust. Scheiße! Das war es! Sie war eifersüchtig darauf, dass Billy mit Janet geschlafen hatte! Reiß dich zusammen! Die Frau bedeutet dir nichts! Sie ist wahrscheinlich noch nicht einmal lesbisch. Du verspürst nur einen latenten Drang zum Nestbau, weil du Rebecca magst. Reb war in Ordnung. Wirklich artig für ein Kind. Ich frage mich, warum Billy so plötzlich den Drang verspürt hat, ein Kind zu bekommen? Dann schoss ihr die Erkenntnis durch den Kopf. Angst ergriff ihr Herz und sie rollte sich aus dem Bett und ergriff ihr Nachtgewand.
Janet saß noch immer auf dem Stuhl. Sie fühlte sich völlig benommen und sah auch so aus. Die Schlafzimmertür öffnete sich und nach ein paar schnellen Schritten stand Robbie vor ihr. "Warum hat er dich geheiratet? Er hätte doch einen Erben haben können, ohne dich zu heiraten?! Warum?!", fragte sie nachdrücklich.
Janet seufzte und antwortete mit lebloser und emotionsloser Stimme. "Er hat darauf bestanden. Er sagte, dass sein Kind kein Bastard sein dürfte. Wir haben nach der Hochzeit extra einige Monate gewartet, bevor... Er wollte keinen Zweifel aufkommen lassen, dass das Kind sein rechtmäßiger Nachfolger sei. Er sagte, dass das wichtig wäre."
Dann verstand Robbie und kalte Schauer der Angst rannen ihren Rücken hinunter. "Das ist wichtig", sagte sie ernst, darum kämpfend nicht ihre wahren Gefühle zu zeigen. "Hat er dir sonst noch etwas erzählt?"
Janet schüttelte den Kopf woraufhin sich die über ihr aufragende Frau etwas zu entspannen schien. Sie trug nur eine blaue Seidenbettjacke, welche mit einem Gürtel zugebunden war. Die Jacke endete auf halbem Weg zwischen Knie und Hüfte. Ihre Beine waren unglaublich lang und wohlgeformt. 'Sie muss nackt schlafen', dachte Janet, bevor sie in die tote Asche der Feuerstelle blickte.
Robbie sah die Frau aufmerksam an. 'Nein, sie weiß nicht mehr', schlussfolgerte sie, bevor sie auf den Hacken kehrt machte und verschwand. Janet bemerkte ihr Verschwinden kaum, so erschöpft war sie.
*******
Janet erwachte am frühen Morgen zu Rebeccas nach Aufmerksamkeit verlangenden Lauten. Für einen Moment wusste sie nicht, wo sie war, dann erinnerte sie sich wieder an die Ereignisse des letzten Tages. Es wäre besser sofort aufzustehen. Zweifelsohne würde ihr verdammter, ungebetener Gast ein dickes Stück rohes Fleisch zum Frühstück verlangen. Seufzend rollte sie sich von der Couch auf die Füße und ging mit verschwommenen Augen in Rebeccas Zimmer. "Hallo mein Schatz!", rief sie dem kleinen Kind zu, welches im Gitterbett stand und sich an den Stäben festhielt, bevor es beim Anblick seiner Mutter fröhlich hopste. "Möchtest du heute Morgen mit Mama duschen?" Mehr fröhliches Gekicher.
Janet zog Rebeccas Windel aus und trug sie ins Bad. Das glückliche Kind spielte mit seiner Gummiente bis seine Mutter das Wasser angemacht und auf die richtige Temperatur für ihre Dusche eingestellt hatte. Nach viel Gesang, Gekicher und vielen Seifenblasen kamen die beiden blitzblank und mit einem guten Gefühl aus der Dusche. Janet zog einen Toronto Maple Leafs Pullover über den Kopf, bevor sie einen ähnlichen über Rebecca Kopf zog. Dann machten sich Mutter und Tochter auf den Weg zur Küche, um sich ums Frühstück zu kümmern.
Robbies Schlafzimmertür stand offen und nach kurzem Zögern ging Janet weiter den Flur hinunter, um hineinzusehen. Das Bett war abgezogen und das Bettzeug lag zusammengefaltet am Fußende. Robbies Reisetasche lag geschlossen auf einem Stuhl. Sie war das einzige Anzeichen dafür, dass Robbie noch in der Nähe war. Rebecca wand sich, weil sie hinunter wollte, was Janet aus ihren Gedanken riss und sie dazu veranlasste ihre aktive Tochter auf den Boden zu stellen. Rebecca sah in das Zimmer. "Mamas Zimmer", sagte das Kind darauf zeigend.
"Ja Mamas Zimmer", stimmte Janet zu. "Komm mit Rebecca, lass uns frühstücken, okay?"
Rebecca kicherte und rannte auf wackeligen Beinen in Richtung Küche.
"Was soll es sein Partner?", fragte Janet, als sie über den Tresen zu ihrer Tochter hinunter guckte, welche sie mit ernsten blauen Augen ansah.
"Banane, bitte", kam die Antwort.
"Du hättest gerne ein frisches Brot mit Banane belegt?", stellte Janet klar und lächelte angesichts des guten Benehmens ihrer Tochter.
"Ja bitte", kam die Antwort, während Rebecca quer durch den Raum rannte und sich an die Eingangstür stellte. "Oby kommt. Oby kommt", berichtete das kleine Kind glücklich.
Janet spürte, wie sich ihr Magen zusammenschnürte, aber sie lächelte und sagte: "Gut. Robbie kann mit dir zusammen frühstücken, Rebecca."
*******
Robbie lief mit gleichmäßigem Tempo den Waldweg hinauf. Es war schön in der kühlen Luft des Waldes zu rennen, statt auf den harten Wegen in der Stadt. Die Luft roch nach Kiefern statt nach Abgasen und sie hatte weicheren Boden unter den Füßen. Sie zog das Tempo etwas an und genoss das Hoch, welches lange Läufe bei ihr auslösten. Der Weg bog sich und Robbie erhaschte einen Blick auf den See, bevor sie wieder im gesprenkelten Schatten verschwand, der zurück zu Janets Blockhütte führte.
Sie rannte die breite Holztreppe hinauf und hielt auf der großen Veranda, welche den langen, schmalen See überblickte. Die Aussicht war von großen Kiefern umrahmt und auf dem See riefen zwei Seetaucher einander mit einsamen, klagenden Schreien zu.
"Oby!", erklang hinter ihr eine Stimme, woraufhin sich die Regisseurin umdrehte und Rebecca erblickte, welche an der Fliegengittertür stand und sie ansah.
"Hi, Rebell! Wie geht es dir heute Morgen?", fragte Robbie, während sie spürte, wie eine innere Kraft sie zu dem Kind ihres Bruders hinzog. Sie öffnete vorsichtig die Tür und trat ein. Rebecca blickte zu ihr hinauf und fiel dabei auf den Po. "Ups, geht es dir gut Kind?", fragte die dunkel Frau hoch über ihr.
Rebecca streckte ihre kleinen Arme nach oben. "Oby hoch. Oby hoch", verlangte sie. Dann legten sich starke Arme um sie und im nächsten Augenblick schoss sie hoch in die Luft und blickte auf Obys Gesicht hinunter. Sie lachte glücklich, woraufhin die große Frau ebenfalls lachen musste.
Robbie nahm Rebecca auf den Arm und ging zu Janet hinüber, welche in der Küche arbeitete. "Morgen", sagte sie steif.
"Guten Morgen", erwiderte eine feindselige Stimme.
Robbie lächelte grausam. "Wir haben uns wohl immer noch nicht beruhigt, wie?", fragte sie gedehnt. Janet warf ihr einen tödlichen Blick zu, sagte jedoch nichts. Sie schnitt eine Banane in Scheiben und legte diese auf ein frisches Stück Brot. Dieses klappte sie zusammen und gab es ihrer Tochter, welche immer noch zufrieden auf Robbies Arm saß.
"Was hättest du gerne zu essen?", fragte sie die größere Frau förmlich. Robbie sah zu Rebecca hinunter, die damit beschäftigt war, Bananenstückchen vom Brot zu holen und sie auf ihre Schulter zu schmieren.
Robbie lächelte matt, als ein halb zerkautes Stück der klebrigen Frucht in ihrem Ausschnitt verschwand. "Du hast das absichtlich getan oder?", fragte sie, während sich verärgert eine Augenbraue hob.
"Ja", lächelte Janet hinter ihrer Kaffeetasse, während sie beobachtete, wie sich ihre Tochter... eben wie ihre Tochter benahm. Rebecca lachte mit Banane gefülltem Mund und griff mit einer klebrigen Hand nach Robbies Nase. Bananenschleim tropfte aus dem Gesicht der berühmten Frau. Janet prustete in ihren Kaffee.
"Ok Reb, du hast deiner Mutter genug Unterhaltung auf meine Kosten geboten", sagte die große Frau, während sie um den Tresen herumging, um Rebecca in ihren Hochstuhl zu setzen. Das Bananensandwich landete auf dem Boden. Robbie seufzte und hob es auf. "Ich kann nicht verstehen, warum die Welt überbevölkert ist", brummte die Regisseurin das zermatschte Sandwich angewidert ansehend, bevor sie es in den Müll warf.
"Geh dich zurechtmachen. Ich füttere inzwischen Rebecca zu Ende und mache uns etwas zum Frühstück", sagte Janet, während sie die mittlerweile neben ihr stehende Frau ansah.
Robbie blickte zu Janet hinunter. Die kleine Frau hatte Courage und einen schrägen Sinn für Humor. Außerdem war sie hübsch und intelligent. Ihr kleiner Bruder hatte sich, wie es schien, jemanden mit guten Genen gesucht. "Also sprichst du nun wieder mit mir, ja?", brummte sie.
"Es wäre kindisch, das nicht zu tun. Dennoch möchte ich festhalten, dass ich dir für dein schreckliches Benehmen gestern Abend nicht vergeben habe", sagte Janet, bevor sie sich wegdrehte. Sie konnte Robbie hinter sich fühlen. Sie spürte ihre Wärme und die intensive Energie, die sie ständig zu umgeben schien. Dann verschwand das Gefühl als Robbie an ihr vorbei auf die andere Seite des Tresens ging.
"Frühstück ist nicht notwendig", sagte die zurückweichende Frau.
Janets Augen folgten der arroganten Person erstaunt. Robbie hatte sie letzte Nacht schikaniert und war nun gekränkt, weil Janet immer noch sauer auf sie war! Die Frau war echt die seltsamste Zeitgenossin, der Janet je begegnet war! Sauer schälte Janet die restliche Banane und reichte sie ihrer Tochter zum Essen. "Bitte schön Reb", sagte sie sanft. Wo war das denn her gekommen?! Robbie hatte sie so genannt. Verdammt! Der Name schien auch noch zu ihrer furchtlosen Tochter zu passen. Verblüfft ging sie wieder in die Küche und begann Brombeerpfannkuchen für sie beide zuzubereiten.
Robbie stürmte ins Schlafzimmer und zog ihren Trainingsanzug aus. Sie öffnete ihre Tasche, nahm ihren Morgenmantel heraus und zog ihn an. Dann holte sie Unterwäsche, Jeans und ein Sweatshirt heraus. Sie ging den Flur hinunter zum Badezimmer und war entsetzt darüber, dass es immer noch nach den warmen süßen Kräutern roch, die Janets Eigengeruch ausmachten. 'Scheiße! Warum bin ich sauer? Wen interessiert es, ob sie mich für ein Miststück hält? Ich bin eins! Verdammte Frau', grummelte Robbie, während sie aus ihrem Umhang schlüpfte und auf die nasse Gummiente trat, die noch in der Dusche lag.
Janet hatte Reb gewaschen und war gerade dabei sie in ihren Laufstall zu setzen, als sie den Krach hörte. Sie ging in den Flur und eilte zur Badezimmertür. "Alles in Ordnung bei dir?", fragte sie durch die Tür. Keine Antwort. "Robbie geht es dir gut?!", wiederholte sie mit etwas lauterer Stimme. Immer noch keine Antwort. Janet klopfte an die Tür. Nichts. Sie drehte den Knauf und sah hinein. Robbie lag auf dem Fußboden, halb in, halb außerhalb der Dusche. Janets geschocktes Gehirn registrierte drei Dinge nacheinander: Sie ist nackt. Sie ist wunderschön. Oh mein Gott, ich glaube sie ist tot!
Robbie kam nach ein paar Minuten wieder zu sich und stellte fest, dass sie respektvoll mit einem Badetuch bedeckt in Janets Armen lag. Ihr Kopf dröhnte und ihr Knie schmerzte fürchterlich. Sie schloss ihre Augen und spielte, so gut sie konnte, verletzt. Janet hielt einen Eisbeutel gegen die Beule, die an ihrer Schläfe wuchs und rief sanft nach ihr. "Robbie, Robbie geht es dir gut?"
Die Schauspielerin gab sich Mühe, alles aus der Szene herauszuholen, bevor sie ihre babyblauen Augen öffnete. "Du hast die Ente absichtlich dort liegen lassen oder?", sprach sie gedehnt und ihre Augenbraue wanderte fragend nach oben, als sie Janet ansah.
"Nein habe ich nicht, aber ich wünschte, ich hätte es getan", offenbarte Janet grinsend.
Robbie nickte. "Sind wir jetzt quitt?", fragte sie ernst.
"Nein", sagte Janet. "Ich habe nicht versucht dich einzuschüchtern! Aber es tut mir leid, dass du dich an Rebs Spielzeug verletzt hast", antwortete die kleinere Frau ehrlich.
Robbie seufzte verärgert. "Warum? Weil ich dich verklagen könnte?", fragte sie scharf.
"Nein, weil ich niemanden verletzen möchte, weder absichtlich noch durch Zufall", antworte Janet gefühlvoll. "Selbst wenn derjenige es verdient hätte!"
"Ich könnte dich verklagen!", schnappte Robbie verärgert.
"Oh ja. Die mächtige Roberta Williams verklagt mich, weil sie von einer Gummiente lahm gelegt wurde!", verspottete Janet sie, woraufhin die beiden Frauen zu lachen begannen.
"Autsch das tut weh!", grummelte Robbie und griff nach ihrer Schläfe, woraufhin sie Janets Hand berührte, die noch immer den Eisbeutel auf die Stelle drückte. Robbie zog ihre Hand sofort weg. "Entschuldige", sagte sie unbeholfen.
Für einen kurzen Augenblick sahen sich die beiden Frauen in die Augen. Dann sagte Janet: "Hör mal, möchtest du vielleicht versuchen aufzustehen?"
"Janet?"
"Ja?"
"Mein Knie ist verdreht. Ich lasse es dich nur wissen, falls ich mich auf dich stützen muss", stellte Robbie ernst fest.
"Du kannst dich auf mich stützen", kam die Antwort und beide wussten, dass eine Entschuldigung geboten und angenommen worden war und sich das Verhalten einander gegenüber verändert hatte. Robbie konnte sich nicht daran erinnern, sich jemals zuvor entschuldigt zu haben. Nicht einmal so indirekt, wie sie es Janet gegenüber gerade getan hatte. Dieses ganze Wochenende schien einige Überraschungen bereit zu halten!
"Janet, ich werde nicht zu deinem Arzt gehen!", rief Robbie einige Zeit später von der Wohnzimmercouch aus.
Reb, welche zufrieden auf Robbie gesessen hatte, guckte erschrocken und schlug Robbies Hand. "Böse Oby! Böse Oby!", sagte sie mürrisch.
Robbie sah das kleine Mädchen überrascht an. "Scheiße, du bist genau wie deine Mutter", murrte sie.
"Robbie nicht", fing Janet, die herüber gekommen war, um die Diskussion fortzusetzen, an. Robbie hatte eine Packung gefrorener Erbsen auf dem Knie, welches dennoch weiter anschwoll.
"Scheiße Mami! Scheiße Mami!", wiederholte Reb. Robbie brach in schallendes Gelächter aus.
"Nein", sagte Janet bestimmt, woraufhin Rebecca beunruhigt aussah. "Böse Rebecca", sagte Janet und Rebecca streckte mit Tränen in den Augen die Arme nach ihrer Mutter aus. Janet hob ihre bestürzte Tochter hoch und hielt sie fest.
"Jetzt schau was du getan hast!", knurrte die Schauspielerin, während sie gegen das Verlangen ankämpfte, Reb zu verteidigen.
"Was ich getan habe!? Schau mal Roberta, dein Bein verschlimmert sich. Du brauchst medizinische Hilfe."
"Ich brauche mehr als das, wenn ich mich in ein Wartezimmer setze. Hast du eine Ahnung, wie aggressiv Fans sein können?"
"Oh, daran habe ich nicht gedacht. Hör mal, Bill, ich meine Doktor Perkins, ist ein Freund von mir. Ich bin mir sicher, dass er nach der Arbeit herkommen und dein Knie ansehen wird, wenn ich ihn frage. Ok?", schlug Janet vor, während sie sich vor und zurückwiegte, um ihre aufgebrachte Tochter zu beruhigen.
"Wie gut seid ihr befreundet?", verlangte Robbie, während sie sich auf ihre Ellenbogen stützte und finster guckte.
"Was?", fragte die erschreckte Frau und ließ ihre Tochter auf den Boden hinunter, um Zeit zu gewinnen.
"Du hast mich gehört. Wie gute Freunde seid ihr?"
"Das geht Sie nichts an Ms. Williams", sagte Janet förmlich, bevor sie in die Küche ging, um das Frühstück zuzubereiten. Zu ihrer Überraschung war Robbie direkt hinter ihr! "Robbie! Du verletzt dir dein Bein nur noch mehr!"
"Ich möchte es wissen!", verlangte Robbie und setzte den trotzigen Blick auf, der, wie Janet bereits gelernt hatte, großen Ärger prophezeite.
"Denk gar nicht erst daran mich einzuschüchtern!", fauchte Janet verärgert und drängte sich an Robbie vorbei, wodurch diese gegen den Tresen taumelte.
"Ich gehöre zur Familie! Innerhalb der Familie gibt es keine Geheimnisse", argumentierte die große Frau, während sie sich das schmerzende Knie rieb.
Janet schnaubte und säuberte Rebs Hochstuhl. "Deine Familie ist total dysfunktional!"
"Versuch nicht das Thema zu wechseln", befahl Robbie auf ihr Ziel fixiert.
Janet seufzte, rollte die Augen und drehte sich herum, um diese Fremde anzusehen, die sich auf eine sehr irritierende Art in ihr Leben gedrängt hatte. "Lass uns einen Deal machen. Ich erzähle dir von meiner Beziehung zu Bill und du tust, was er sagt", schlug sie vor, während sie bereits darüber nachdachte, Bill dafür sorgen zu lassen, dass Robbie zu einem Spezialisten in der Stadt gebracht würde.
"Ok", stimmte Robbie allzu bereitwillig zu. Sie schmiedete bereits eigene Pläne.
Janets Augen verengten sich. Was hatte diese frustrierende Frau vor?! Sich gegen den Tresen lehnend sagte sie: "Bill und ich haben eine Vereinbarung."
"Was zum T... Was soll das heißen?", berichtigte Robbie sich, als Reb um die Ecke gerannt kam und ein Bein ihrer Mutter umarmte. Sie hatte Robbies Beutel mit den gefrorenen Erbsen auf dem Kopf. Janet langte hinunter, ergriff die Erbsen und legte den Kunststoffbeutel auf den Tresen. "Das bedeutet, dass wir in möglicherweise heiraten, wenn sich Bills Praxis etabliert hat", erklärte sie ungeschickt, wobei sie Robbie nicht ansah.
Stille. 'Sie ist eine lausige Lügnerin', dachte Robbie. "Ah. Wäre er ein guter Stiefvater?"
"Ja."
Robbie humpelte an Janet vorbei und hob im vorbeigehen den Beutel auf, bevor sie auf die Couch zurückkehrte, um an ihrem Laptop zu arbeiten. Janet wandte sich wieder den Tellern zu und Reb ging ruhig mit der Asche im Kamin spielen.
Später am Morgen bewölkte sich der Herbsttag und ein stetiger Nieselregen setzte ein. Robbie hatte ihren Laptop geschlossen und blätterte durch einige Bücher aus dem Bücherregal. Es gab vier Bücher von J. J. Layton. Nachdem Robbie das Buch umgedreht hatte, entdeckte sie, dass Janet sie aus dem Schwarzweißfoto auf dem hinteren Einband anstarrte. Also war Janet Williams auch J.J. Layton M. Ed.
Janet kehrte in das Zimmer zurück, nachdem sie Reb für ihren Mittagsschlaf hingelegt hatte. "Die sind von dir", bemerkte Robbie, als Janet an ihr vorbei ging.
"Ja ich weiß", antwortete die Autorin steif. "Bill hat gesagt, dass du das Bein nicht belasten sollst, bis er eine Chance hatte, es sich anzusehen", erklärte Janet, als sie zum Kamin ging, um die Asche wegzukehren.
"Mir ist langweilig!", grummelte die berühmte Schauspielerin, bevor sie das Buch wieder ordentlich in das Regal stellte. Dann humpelte sie steifbeinig zur Couch hinüber, um darauf Platz zu nehmen und Janet beim Arbeiten zuzusehen. Janet tat die Asche in einen Metalleimer, um sie hinauszutragen und in die Sandgrube zu kippen.
Als sie zurückkehrte, fand sie Robbie auf dem Boden sitzend damit beschäftigt, ihre kleine Sammlung von Videos durchzugehen, die sie in der Schublade unter dem Fernseher aufbewahrte. "Fühl dich wie zuhause. Du kannst dich gerne in meinen Schränken umsehen", sagte Janet sarkastisch, als sie den Ascheeimer in den Besenschrank räumte.
"Danke", murmelte Robbie die bissige Bemerkung ignorierend. "Du hast gar keine von mir", fuhr sie verdrossen fort.
"Nein", antwortete Janet auf dem Weg in die Küche, um Wasser aufzusetzen.
"Warum nicht?", fragte Robbie und sah zu der kleineren Frau, die aus diesem Winkel kaum hinter dem Tresen zu sehen war.
"Sie sind zu brutal", erklärte Janet. "Ich mag Dinge, die glücklich enden."
Robbies Gesicht blieb ruhig und passiv. Ok Janet konnte ihre Filme nicht leiden, na und?
"Du hast Jurassic Park. Haben die riesigen Dinosaurier dir keine Angst gemacht?", fragte sie selbst auf Sarkasmus zurückgreifend.
"Nein ich halte immer zu den Tieren", stellte Janet fest. "Aber ich hatte große Angst um die Kinder!"
Robbie nickte. 'Kinder oder Tiere in Gefahr zu bringen, erhöht die Spannung im Drehbuch erheblich', dachte sie. "Ähm, möchtest du den Film mit mir ansehen?", fragte sie sehr zu ihrer eigenen Überraschung, während sie Röte in ihrem Gesicht aufsteigen spürte.
Janet zögerte für eine Minute. Sie musste feststellen, dass sie Robbie mochte, obwohl sie die Art, wie Robbie sich manchmal benahm, hasste. Sie schien die beste Wahl in der Williamsfamilie zu sein, nicht dass das viel zu heißen hatte. Reb musste die Familie ihres Vaters kennen und dies war fürs erste die Frau, die sie auserwählt hatte, um auf ihr Kind aufzupassen, falls ihr irgendwas zustoßen sollte.
Sie wusste, dass Robbie diesen Job sehr ernst nehmen würde. Egal wie unangemessen sie sich auch benahm, es gab einen edlen Kern im Inneren von Roberta Williams. Es war eine Schande, dass sie so von Zorn erfüllt war. "Ich war gerade dabei eine Kanne Tee zu kochen. Ich glaube ich habe noch hausgemachte Haferkekse. Sollen wir die zum Film essen?" Zu ihrer Überraschung sah sie, wie sich Robbie entspannte, als hätte sie mit angehaltener Luft auf eine Antwort gewartet.
"Ja das wäre gut. Die Eierkuchen, die du heute Morgen gemacht hast,... sie waren gut", brachte Robbie ungeschickt heraus, während sie vortäuschte die Copyrightinformationen auf der Videoschachtel zu lesen.
Janet lächelte. So etwas wie ein Kompliment! Es hörte sich an, als wäre es das erste, das sie jemals verteilt hat! Janet bereitete den Tee und brachte ihn und einen Teller mit Rosinen-Haferkeksen auf einem Tablett hinüber. Robbie schob das Video in den Recorder und zog sich ein Kissen auf den Boden, so dass sie im liegen gucken konnte. Sie sah sich den Film aufmerksam an. Ihre blauen Augen bewegten sich ständig über den Bildschirm und nahmen jedes Detail in sich auf.
Janet beobachtete Robbie. 'Sie ist sehr schön und das auf eine sehr echte Art. Sie ist nicht das Ergebnis von Diäten und Makeup, sondern einfach natürlich schön und gesund. Sie ist fast herausragend in ihrer Vitalität und Präsenz', erkannte Janet. Die Frau war, egal wie aggressiv und beherrschend, einfach hypnotisierend.
"Ich mag gute Abendteuerfilme, du auch?", fragte sie die Regisseurin, während sie ihr den Teller mit Keksen reichte.
"Abendteuerfilm!?! Himmel noch mal Frau, das ist Spielberg! Hast du dir den Film jemals richtig angesehen?!" schnappte Robbie, woraufhin Janet einen erschreckten Satz machte und die Kekse auf dem polierten Holzfußboden verteilte. Robbie schien das gar nicht zu bemerken. Sie hatte die Fernbedienung ergriffen und war mit völlig empörtem Gesichtsausdruck dabei das Band zurückzuspulen.
"Okay schau her. Der Helikopter fliegt dicht über dem Wasser ein. Im wahren Leben tun Hubschrauber so etwas nicht! Es ist gefährlich und die Luftfahrtbestimmungen schreiben eine Mindesthöhe von 150 Metern vor. Der Regisseur hat es vorgezogen, das zu tun", zeigte Robbie, während sie den Film anhielt. "So sieh hin. Die Perspektive hat sich vom Helikopter zur näher kommenden Insel verschoben. Der Betrachter wird gezwungen hochzusehen. Wir nähern uns der Welt des Jurassic Parks, in der die Natur dominiert und die Menschen klein gemacht werden. Spielberg schafft die Grundvorrausetzungen. Pass auf", befahl Robbie, als sie den Film weiterlaufen ließ.
"Schau, wie der Hubschrauber die kleine Insel umrunden muss. Die Natur ist bereits dominierend. Und schau dir die Form der Insel an! Groß, dinosaurierartig!", Robbies Stimmung änderte sich von Ärger zu Erregung, als sie sich für ihr Thema erwärmte. "Okay das ist die Talszene. Schau! Siehst du, sie fliegen das lange Tal entlang. Normalerweise würde das kein Hubschrauberpilot tun. Das ist symbolisch. Wir betreten die Welt des Jurassic Parks. Das ist eine Art Geburtsbild."
"Schon stoßen sie auf Schwierigkeiten. Turbolenzen. Der fehlende Sicherheitsgurt. Verwirrung. Sie können nicht damit umgehen. Schließlich der verknotete Gurt. Das ist eine sehr menschliche Handlung. Es zieht uns zum Protagonisten hin. Wir gehen aufgrund der gemeinsamen Erfahrung mit alltäglichen Frustrationen über Dinge wie Gurte eine Bindung ein. Dieser ganze Abschnitt ist eine Vorahnung auf das, was noch kommen wird. Die besten Pläne fallen bereits auseinander. Und in diesem außer Kontrolle geratenen Zustand tauchen wir ab, hinein in die Welt des Jurassic Parks. Großartig! Siehst du wie der Wasserfall im Hintergrund die Botschaft wiederholt?!"
"Ok, das hier ist die Einnahmequelle", erklärte Robbie den Film erneut pausierend und zeigte auf den Bildschirm. "Die Jeeptür öffnet sich und man sieht das Jurrasic Park Symbol. Offensichtlicher Kommerz. Ich wette, er hat einen Haufen solcher Spielzeugjeeps verkauft! Der Mann hat nicht nur das Herz eines Künstlers, sondern auch einen sehr guten Geschäftssinn! Diese eine Sekunde macht Werbung für den Film, bestätigt den Titel und verkauft eine Milliarde Spielzeuge. Man kann fast hören, wie er den ganzen Weg zur Bank lacht!"
Ein langer, schlanker Finger drückte auf die Fernbedienung und der Film lief weiter. "Nun fahren die Jeeps durch das Tor, welches hinter uns schließt. Das lässt einen vorausahnen, nicht wahr? Wir werden in einer Welt gefangen, aus der nicht alle von uns entkommen können. Beachte die pinken Uniformen. Die ersten weiblichen Zeichen tauchen auf. Wiedergeburt. Zarte Hinweise darauf, dass der Reproduktionszyklus der Natur nicht kontrolliert werden kann."
"Okay jetzt bewegen wir uns in die Savanne hinaus. Beachte die großen Bäume, die die Dinosaurierhöhe wieder aufnehmen. Der Jeep fährt um den Baum herum. Die Natur dominiert. Das Muster, das der Regisseur am Anfang des Films eingeführt hat, wird nun für die unterbelichteten Menschen wiederholt. Wir sind das Tal hinunter geflogen, jetzt wird der Protagonist in einem Umkehrbild gezeigt, indem er durch das Dach aus dem Jeep steigt. Ein weiteres Geburtsbild. Erneut menschliche Probleme. Die Figur ist so von der Kraft der Natur überwältigt, dass sie zu Boden fällt."
"Hör wie sich die Musik bewegt und anschwillt. Es ist weibliche Musik, welche mit Hoffnung und Wiedergeburt gefüllt ist. Okay zurück zur Handlung", befahl Robbie nun komplett in ihrer Arbeit verloren. "Hör dir diese Zeile an: 'Sie bewegen sich in Gruppen', eine erneute Vorahnung. Die Dinosaurier werden zusammenarbeiten, um die Menschen zu besiegen. Die Musik erreicht ihren Höhepunkt und der Blick richtet sich auf die Welt des Jurassic Parks, welcher sich vor uns ausbreitet!"
"Wie viel von dem Film haben wir uns angesehen? Vielleicht einige Minuten und schau dir an, wie viel sorgfältige Planung darin steckt, um die perfekte Illusion zu kreieren! Und du sagst zu mir", knurrte Robbie, während sie sich zu Janet umdrehte, "dass du gute Abendteuergeschichten magst! Scheiße!"
Janet blinzelte von dem Ausbruch völlig aus der Fassung gebracht. Das Video lief in der Stille des Raumes weiter, während die beiden Frauen einander ansahen. Robbies Gesichtszüge änderten sich langsam von Ärger zu Verwirrung, als wäre ihr plötzlich bewusst geworden, wo sie war und was sie tat. "Nun, damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt. Ich schätze, ich sehe das anders als die meisten", brummte sie, um die Verlegenheit zu verstecken, welche sie empfand, weil sie so viel Erregung und Liebe für ihr Handwerk gezeigt hatte.
Janet lachte und ihre Augen funkelten erfreut. Robbie blickte scharf auf und fing an wütend zu werden. Lachte Janet etwa über sie?! "Das war eine sehr tolle Erfahrung. Ich habe so viel gelernt! Toll! Du hast gerade Türen für mich geöffnet, im Bezug darauf, was ich künftig aus Filmen herauslesen kann. Bitte Robbie, mach weiter! Ich möchte noch mehr lernen!", bettelte Janet, während sie aufgeregt neben Robbie auf den Boden rutschte und sich mit dem Rücken gegen den Stuhl lehnte.
Robbie lächelte nervös. "Ja? Du mochtest das? In Ordnung, lass mich zurückspulen", lächelte die Regisseurin, während sie die Fernbedienung aus ihrem Schoß nahm. Janets Augen folgten der Bewegung und verweilten an dem Punkt, an dem enge Bluejeans Robbies Geschlechtsteil bedeckten. 'Oh Junge, die Frau könnte mich echt heiß machen', dachte Janet und lenkte ihre Aufmerksamkeit schnell wieder auf den Bildschirm, bevor Robbie mitbekam, wo ihre Augen waren.
Die nächsten drei Stunden sprach Robbie von ihrer Arbeit. Sie war erfreut und ermutigt, da Janet intelligente, bohrende Fragen stellte. Nachdem Reb von ihrem Mittagsschlaf erwachte, spielte Robbie mit ihr auf dem Boden, während Janet Chili zum Abendessen bereitete und Brot dazu backte. Dazu würde es gemischten Salat geben und sie würde Bill fragen, ob er bleiben wolle.
Sie hatte nicht ganz die Wahrheit über Bill gesagt. Die Wahrheit war, dass Bill heiraten wollte und Janet nicht. Sie mochte Bill sehr und sie hatte zufrieden stellende Beziehungen mit beiden Geschlechtern geführt. Aber sie hatte schon immer gedacht, dass, wenn sie jemals die richtige Person finden würde, diese eine Frau wäre. Jemand wie Robbie - nur nett.
Bill kam um 5 Uhr mit zwei Sträußen Frühlingsblumen. Nachdem Janet die Fliegengittertür geöffnet hatte, gab er ihr einen Strauß und küsste sie leicht auf die Wange. Robbie rollte die Augen, während sie von der Couch aus zusah. Die Schauspielerin trug ihre schwarzen Laufshorts und ein ebenso schwarzes Trägerhemd, an dessen Seiten sich goldene Streifen hinunterzogen. Ein langes Bein war angewinkelt und das andere gerade aus gestreckt, während sie sich mit weit gespreizten Armen gegen die Armlehme der Couch fläzte. Blaue Augen rannen mit fast unmenschlicher Intensität langsam den Körper des jungen Arztes hinauf. 'Komm her', dachte Robbie, 'Ich werde dich bei lebendigem Leibe verspeisen.'
Janet sah den Blick und zog die Augen warnend zu Schlitzen zusammen. Robbie schenkte dem kleinen Doktor mit den strähnigen Haaren ein blendend weißes Lächeln und hielt ihm graziös die Hand hin, um die Blumen entgegenzunehmen. "Wie reizend", sagte sie mit ihrer berühmten Stimme, die versteinerte Herzen in Lava verwandeln konnte.
"Roberta, das ist Dr. Bill Perkins. Bill, das ist Roberta Williams", machte Janet sie einander kopfschüttelnd bekannt, bevor sie in die Küche ging.
Nachdem sie Robbies Gesicht gesehen hatte, wusste sie, was diese vorhatte. Eigentlich hätte sie wütend sein sollen! Einer anderen vor ihrer Nase den Mann auszuspannen, war einfach widerlich! Stattdessen fand sie es ziemlich lustig.
"Doktor, denken sie, dass es nur mein Knie ist? Hier oben tut es auch weh", gurrte Robbie, während sie die Hand des verblüfften Mannes nahm und sie auf ihren inneren Oberschenkel legte. "Vielleicht habe ich... mir etwas gezerrt."
Nun war Janet an der Reihe die Augen zu rollen. Sie öffnete den Mund und steckte einen Finger hinein. Robbie sah über die Schulter des armen Doktors hinweg Janet beim Grimassen schneiden zu, hob eine Augenbraue und grinste verschmitzt.
"Ms. Williams, ich bin ein großer Fan von ihnen! Ich habe alle ihre Filme gesehen!", plapperte der Doktor, während er Roberta untersuchte.
"Dann haben wir was gemeinsam Bill. Ich bin ein großer Fan von ihnen, weil sie sich die Mühe gemacht haben, extra hier heraus zu kommen. Kaum zu glauben, einen Doktor zu haben, der Hausbesuche macht! Ich hatte ja so ein Glück, dass sie in der Nähe waren." Janet vergrub ihr Gesicht in den Händen und versuchte nicht zu lachen.
Der Doktor blieb zum Kaffe, zum Abendessen jedoch nicht. Er war nicht eingeladen. Janet schickte ihn mit einem persönlichen Dankesbrief von Robbie, den er in seinem Büro aufhängen konnte, und einer zurückhaltenden Umarmung fort. Nachdem der liebeskranke Doktor die Auffahrt hinunter gefahren war, kam Janet wieder ins Haus. "Das war ein neues Tief, Robbie. Selbst für dich!", knurrte sie.
Robbie grinste breit und streckte sich wie ein Panther in der Sonne. "Nein, das ist nicht annähernd so gemein, wie ich sein kann, Kleine", brüstete sie sich.
Janet ging zur Couch hinüber und stellte sich mit verschränkten Armen daneben. "Und was, wenn ich den Mann wirklich geliebt hätte?", fragte sie, während sie mit dem Fuß klopfte.
"Du liebst ihn nicht und wir beide wissen das. Du bist eine furchtbar schlechte Lügnerin. Würdest du, wenn er sich so leicht beeinflussen lässt, denn wollen, dass er in dieser Stadt praktiziert und mit seinem Kunststoffhandschuh in..."
"Robbie!", unterbrach Janet, indem sie sich ein Kissen schnappte und es nach der Regisseurin schmiss.
Robbie fing das Geschoss mühelos ab und blickte zu Janet auf. In ihrem blonden Haar fing sich das Abendlicht, das durch das Fenster kam und die roten Strähnen hervorhob. 'Ich werde dich haben Janet Williams. Du weißt es nur noch nicht', entschied Robbie. Stattdessen sagte sie: "Können wir nach dem Abendessen hinaus auf den See fahren?"
"Du hast Wasser im Knie Robbie. Bill hat dir doch gerade erst gesagt, dass du es nicht belasten sollst", seufzte Janet, sich bewusst, dass sie Robbie diese Auseinandersetzung gewinnen lassen würde. Herbstliche Kanufahrten auf dem See waren einfach wundervoll. Der Regen hatte nachgelassen und der Abend versprach schön zu werden.
Sie gingen zu dritt zum See hinunter. Robbie trug Reb und hatte bequem einen Arm um Janets Schulter gelegt. Janet hatte einen Arm um Robbies Taille gelegt. Bevor Robbie losließ, drückte sie Janets Schulter etwas. Janet blickte auf und lächelte, bevor sie Reb auf den Boden hinunterließ.
Sie drehte das rote Kanu um und schob es ins Wasser. Dann bewegte sie es längs des Ufers, so dass Robbie einsteigen konnte. Die Schauspielerin stieg mit schmerzverzerrtem Gesicht ein, setzte sich auf dem Boden und lehnte sich gegen den hölzernen Querbalken. Janet kontrollierte Rebs Rettungsweste und reichte sie Robbie. Dann drehte sie das Kanu vom Ufer weg, stieg mit einem Fuß hinein und stieß sich mit dem anderen ab.
Sie holte das Paddel aus seiner Halterung, kontrollierte ob sich unter beiden Sitzen Rettungswesten befanden und dann ging es los.
Robbie war es ein wenig unangenehm, Janet die ganze Arbeit allein machen zu lassen, aber das war die Bedingung für die Kanufahrt gewesen. "Der Versuch mit dem kranken Knie das Gleichgewicht zu halten und zu paddeln wird damit enden, dass wir alle im See landen", hatte Janet energisch entschieden. "Wenn wir raus fahren, musst du mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden sitzen und Reb festhalten."
Robbie entschied, dass das gar kein so schlechter Deal war. Da sie mit dem Rücken in Fahrtrichtung saß, konnte sie Janet beobachten. Janet wusste eindeutig mit einem Kanu umzugehen und sie glitten leise und mit gleichmäßiger Geschwindigkeit durch das Wasser. Reb, die vom nachmittäglichen Spiel erschöpft war, kuschelte sich eng an Robbies warme Brust und war wenig später fest eingeschlafen.
"Wem gehört das ganze Land?", fragte Robbie, während sie sich umsah. Der See war klar und tief und im umliegenden Wald zeigten sich die ersten Herbstfarben. Das einzige Haus am See schien Janets zu sein.
"Es hat einmal meinem Urgroßvater gehört. Dann meinem Großvater. Er hat mir ein Stück davon zu meinem 21. Geburtstag geschenkt. Jetzt gehört es einer hier ansässigen Sägemühle. Sie haben es wegen der Steuerschulden gekauft. Bis jetzt haben sie noch nicht angefangen, das Holz in dieser Gegend zu schlagen. Ich weiß nicht, was ich tun werde, wenn das passiert. Das wäre so traurig", seufzte die kleine Frau.
"Du hast einen guten Job, das Honorar aus den Büchern, ein Haus. Wie kommt es, dass du da die Schulden deines Großvaters nicht bezahlen konntest?", fragte Robbie launisch. Sie mochte Reb wirklich, aber der Gedanke daran, dass Janet mit ihrem Bruder zusammen gewesen war, regte sie auf. In dieser Geschichte fehlte ein Teil, das wusste sie.
Janet runzelte die Stirn. "Hat dir niemand gesagt, dass man andere Leute nicht nach ihren Finanzen fragt?!"
"Ich komme eh in die Hölle", antwortete Robbie ein wenig zu ernst, "also muss ich mich auch nicht an die gesellschaftlichen Regeln halten. Erzähl es mir einfach und erspar mir den Ärger Nachforschungen über dich anstellen zu lassen."
Janet warf Robbie einen vernichtenden Blick zu. "Das würdest du tun, nicht wahr?!"
"Ohne lange drüber nachzudenken", antwortete Robbie mit einem räuberischen Funkeln in den Augen.
Janet seufzte. "Mein Haus ist bis aufs Äußerste mit Hypotheken belastet. Tantiemen auf Lernmaterialien sind verschwinden gering, ebenso wie Lehrergehälter und außerdem muss ich noch ein Studiendarlehen abbezahlen. Ich hatte gerade erst angefangen auf eigenen Beinen zu stehen und war am Anfang meiner Kariere, als ich herausfand, dass ich tausende Dollar Schulden hatte. E... es war wirklich beängstigend", stotterte Janet am Ende, während sie die ganzen Gefühlen und Ängste dieser dunklen Zeit erneut spürte.
"Also bist du einen Deal mit meinem Bruder eingegangen", schnaubte Robbie und sah weg, so dass Janet ihr Gesicht nicht sehen konnte.
"Ich liebe Rebecca sehr, Robbie. Ich hätte kein Kind gekriegt, wenn ich nicht bereit gewesen wäre, eine gute Mutter zu sein. Diese Abmachung hat mir gut gepasst. Ich... Ich... bin nicht der Typ, der jemals heiraten wird und dennoch wollte ich ein Kind."
Die blauen Augen wandten sich wieder Janet zu. "Weil du lesbisch bist?", fragte sie. Janet nickte, bevor sie für eine Weile still weiterpaddelten. Janet legte die Finger gegen die Lippen, um Robbie zu signalisieren, dass sie leise sein sollte. Sie bogen um eine Landspitze und glitten leise in eine sumpfige Bucht. Dort stand ein Elch, der gemütlich Unterwasserpflanzen fraß. Robbie, ein Stadtmensch, hatte noch nie zuvor einen echten Elch gesehen. Er war etwa so groß wie ein Pferd, hatte jedoch grobe Gesichtszüge. Er watete auf seinen langen Beinen mit den Knubbelknien vorwärts und tauchte seinen Kopf unter Wasser. Einige Zeit später tauchte der Kopf triefend nass und mit einem Maul voll Grünpflanzen wieder auf.
"Sie können ihre Nasenlöcher schließen und für lange Zeit die Luft anhalten", erklärte Janet. "Deshalb können sie Unterwasserpflanzen fressen. Um diese Jahreszeit sind sie nicht sonderlich gefährlich, aber im Frühling können sie ziemlich aggressiv werden. Entlang der Straßen kann man dann Elchwarnschilder sehen, da die Bullen so territorial werden, dass sie sogar kleine Autos angreifen. Sie sind auch ziemlich schlau. Die Jäger erzählen, dass Elche manchmal im Kreis laufen, hinter den Jägern wieder auftauchen und sie dann jagen!"
Robbie nickte, während sie es genoss dabei zuzuhören, wie Janet ihr Wissen über die Wildnis Preis gab. Sie fuhren weiter und Janet zeigte ihr den großen stehenden Felsen nahe dem Ufer, an dem noch immer Roteisensteinzeichnungen zu sehen waren. Dies waren Piktogramme, die vor tausend Jahren von den Waldindianern dieser Gegend hinterlassen wurden.
Robbie machte sich gedanklich Notizen. Janet zeigte ihr Szenen, die sie für ihre Arbeit hätte nutzen können, wenn sie sie gekannt hätte. Janet dachte, dass sie Robbie die Schönheit der Natur zeigen konnte und hoffte, dass dies den Ärger, der immer dicht unter der Oberfläche der Regisseurin zu sitzen schien, etwas verringern würde.
Nachdem sie zurückgekehrt waren, machte Janet ein Feuer und befestigte den Ofenschirm sorgfältig, da Reb mittlerweile den Kamin entdeckt hatte. Wie dreckig sie gewesen war, als Janet sie an diesem Morgen gefunden hatte. Robbie war ihre Mitverschwörerin gewesen und hatte Reb vergnügt dabei zugesehen, wie sie graue Aschehügel auf dem Boden baute!
Später, nachdem Reb ins Bett gebracht und das Feuer runter gebrannt war, öffnete Janet den Ofenschirm wieder. Sie ließ einige Kastanien in die roten Kohlen fallen, deren Schalen sich dunkel verfärbten, zischend aufplatzten und ihr stärkehaltiges, weißes Inneres offenbarten. Die beiden Frauen lagen in angenehmer Stille neben dem Feuer und aßen die gerösteten Kastanien mit Butter und Salz.
"Das Abendessen war wirklich gut!", sagte Robbie, während sie ins Feuer sah.
'Wow! Zwei Komplimente an einem Tag! Ich habe eine Glückssträhne', dachte Janet. "Danke", sagte sie.
"Der Hubschrauber wird mich morgen abholen", sagte Robbie plötzlich. Janet sah sie überrascht an. Erst heute Morgen hätte sie sie am liebsten nach Hause geschickt, aber jetzt, nun, sie hatte es irgendwie für selbstverständlich gehalten, dass Robbie bleiben würde, bis es ihrem Bein besser ging.
"Morgen ist Sonntag und ich bin noch da, um dir zu helfen. Montag muss ich wieder arbeiten aber du kannst g... ich meinte du könntest bleiben, bis dein Knie etwas besser ist", stammelte Janet.
Robbie hob eine Augenbraue. "Achso, ich bin hier zwar nicht willkommen, aber wenn ich verletzt bin, setzt du mich nicht auf die Straße", stellte sie sarkastisch klar.
"Nein Robbie! Das ist nicht so! Ich wollte nur nicht den falschen Eindruck erwecken", versuchte Janet sich zu rechtfertigen, wobei sie die Sache jedoch nur schlimmer machte.
Plötzlich rollte sich Robbie auf die Seite und sah Janet aufmerksam an. "Du kannst gerne bleiben", sagte Janet, während sie träge mit einer Kastanienschale spielte. Robbie nahm die letzte Kastanie und schälte das weiße Fleisch aus der Schale. Sie tauchte es in die Butter und bestreute es mit ein wenig Salz. Dann hielt sie es vor den Mund und biss die Hälfte ab. Das restliche Stück hielt sie vor Janets Lippen. Von Robbies stillen Taten hypnotisiert, öffneten sich deren Lippen und ließen das warme Fleisch in ihren Mund.
Warme, fettige Lippen folgten und Janet ertappte sich dabei, wie sie Roberta Williams mit einer Leidenschaft küsste, deren Intensität sie erschreckte. Sie schreckte überrascht zurück und schob Robbie mit der Hand von sich weg. "Nein!"
"Warum?", fragte die überraschte Schauspielerin. Nein war ein Wort, das sie benutzen durfte, aber niemand anders.
"Nein, ich möchte das nicht tun", sagte Janet, während sie sich unter Robbies langer, aufreizender Gestalt hervor wand und aufstand. "Ich will keine weitere Eroberung sein Robbie", sagte Janet emotional.
Robbie stand unbeholfen auf. "Du hast mich nicht geküsst, als wärst du nicht interessiert", bemerkte sie, als sie näher kam.
Ein ausgestreckter Arm stoppte sie. "Nun, ich bin nicht interessiert. Es tut mir leid, wenn ich den falschen Eindruck erweckt habe. Ich bin die Witwe deines Bruders. Außerdem müssen Rebecca und mein Stand in der Gemeinde berücksichtigt werden", erklärte Janet.
Robbie wurde wütend. "Oh dein Stand in der Gemeinde! Nun, wir wollen ja nicht, dass dein Ruf ruiniert wird, weil dich jemand wie ich fickt, oder! Es ist besser, du verkaufst dich..."
Janet drehte sich um und stürmte wütend aus dem Haus. Einige Minuten später hörte Robbie, wie das Auto die Einfahrt verließ.
Rebecca fing an zu weinen.
'Ok ich mach das schon', versuchte Robbie sich selbst zu überzeugen. 'Ich führe ein Millionengeschäft. Ich habe hunderte Angestellte. Was ist schon eine schmutzige Windel? Oh Gott! Ekel erregend!' "Hier Reb. Bleib einfach auf dem Bett sitzen, während ich dieses Ding entsorge", murmelte Robbie. Konnte man diese Dinger runterspülen? Es war kein Sondermüllbehälter vorhanden. Sie ließ sie auf den Boden fallen und drehte sich wieder zu Reb um. "Oh Junge, guck dir die Laken an! Ich fürchte ich hätte dich erst sauber machen sollen oder?"
Robbie trug die mittlerweile lachende Rebecca ins Badezimmer, wobei sie sie wie eine Zeitbombe von sich weg hielt, und zwängte sie ins Waschbecken. Dann holte sie sie wieder heraus, weil sich sie gerade noch daran erinnerte, dass man vorher das Wasser testen musste oder so etwas. Mit einer Hand schaffte sie es, das laufende Wasser auf lauwarm zu stellen, dann setzte sie Reb wieder hinein. Das Wasser spritze überallhin!
Einige Zeit später war Reb gewaschen und abgetrocknet und hatte Trainingshöschen als Ersatz für die Windel an, da Robbie sich vor dem Entfernen der letzten keine Skizze gemacht hatte. Die Regisseurin und das Badezimmer sahen ein wenig mitgenommen aus, aber der Job war erledigt! "Ok Rebell Schlafenszeit! Du wirst bei mir schlafen müssen, da ich nicht zwei Betten neu beziehen werde", erklärte Robbie und trug das Kind ins Schlafzimmer seiner Mutter.
Reb war ein wenig unruhig, aber Robbie sang ihr etwas vor, bis sie eingeschlafen war. Robbie lag einige Zeit da und hegte den erbärmlichen Gedanken, dass Janet möglicherweise die Nacht bei Dr. anständig-männlich Perkins verbrauchte, bis sie schließlich vor Erschöpfung einschlief.
Ein paar Stunden später, nachdem Janet für eine Weile die Nebenstraße entlanggefahren war, hatte sie sich genug beruhigt, um nach Hause zurückzukehren. Sie fand eine schmutzige Windel auf dem Kinderzimmerboden, eine ebenso widerliche Sauerei im Kinderbett und überall brannte das Licht. Das Badezimmer war in einem chaotischen Zustand und Robbie und Reb lagen wie die Madonna mit dem Kind zusammengerollt und schliefen tief und fest. Janet stand für eine Weile da und sah auf das wunderschöne Paar hinunter. Dann hob sie Reb vorsichtig hoch und brachte sie in das frisch bezogene Kinderbett.
Robbie schreckte am nächsten Morgen aus dem Schlaf hoch. Reb war verschwunden! 'Herrgott noch mal! Ich bin eingeschlafen und hab das Kind verloren!', stellte Robbie fest und sprang aus dem Bett. Ihr steifes, geschwollenes Knie gab sofort nach und sie fiel mit einem Schmerzenschrei zu Boden.
Janet sprang vom Sofa auf und rannte den Flur hinunter, wo sie Robbie vorfand, die sich in stiller Agonie auf dem Boden rollte.
"Tust du das jeden Morgen?", fragte sie, während sie herüberkam und anbot der Schauspielerin hoch zu helfen.
"Reb ist verschwunden!", stöhnte Robbie, während sie versuchte ohne Hilfe aufzustehen.
"Sie ist in ihrem Kinderbett", offenbarte Janet.
"Scheiße!", murrte Robbie, während sie mit einer zittrigen Hand durch ihr Haar fuhr. "Wo zur Hölle warst du?", knurrte sie.
"Draußen", bekam sie als Antwort. "Ich hole dir etwas Eis. Wann kommt der Hubschrauber, um dich abzuholen?"
"Später", antwortete Robbie mit zusammengebissenen Zähnen.
Nachdem Janet das Zimmer verlassen hatte, brach Robbie auf ihrem Bett zusammen, ließ den Ausdruck von Schmerz in ihrem Gesicht zu und hielt sich unter großen Qualen das Bein. Janet kehrte lautlos zurück und ging zum Bett hinüber. "Heute ist es schlimmer oder?", fragte sie, während sie einen Beutel mit gefrorenen Erbsen auf das geschwollene, verletzte Knie legte.
"Es ist okay. Es hat nur ein wenig weh getan, als ich aus dem Bett gesprungen bin", murrte Robbie, während sie sich Janets Berührung entzog. "Der Helikopter wird gegen 10 hier sein. Ich werde bis dahin hier drin bleiben", sagte sie.
"Möchtest du Frühstück im Bett?", fragte Janet.
"Nein", kam die frostige Antwort. Janet nickte traurig und verließ das Zimmer.
Der Helikopter landete Viertel vor 10 auf dem See. Robbie wartete bereits draußen mit ihrer Reisetasche. Janet und Reb kamen heraus, um auf Wiedersehen zu sagen und Robbie hob das kleine Kind hoch und umarmte es fest. "Sei artig Rebell", flüsterte Robbie. Dann reichte sie Janet das Kind, wobei sie darauf achtete, die Frau nicht zu berühren.
"Danke Robbie. Ich habe wirklich jemanden gebraucht, der mit mir von der Beerdigung zurückfährt. Ich... ah.... Nun, bleib in Kontakt mit Reb, okay", beendete sie den Satz lahm.
Robbie nickte. "Tschüss", sagte sie abrupt und humpelte zum Helikopter, um einzusteigen. Dieser hob von einem Windwirbel umgeben ab und Janet drehte sich herum, um Reb mit ihrem Körper zu schützen. Als sie sich wieder zurückdrehte, verschwand der Helikopter bereits über dem Bergrücken.
"Tschüss", wiederholte Janet, während sie spürte, wie sich eine schmerzhafte Einsamkeit um sie legte.
Sie ließ Reb zu Boden und das kleine Kind blickte in den Himmel auf und zeigte nach oben. "Obys Vogel weg!", sagte sie traurig.
"Ja, sie ist fort." Janet seufzte, nahm ihr Kind bei der Hand und führte es ins Haus.
Robbie blickte auf das kleine Blockhaus in der Wildnis hinunter. Ein dumpfer Schmerz erfüllte ihre Brust und sie hatte keine Ahnung warum. Sie hatte tausend Dinge zu erledigen. Billys Tod hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt kommen können, als jetzt, wo sich ihr neuer Film in der letzten Bearbeitungsphase befand. Das Filmmaterial vom Vortag und dessen Zeitcodes warteten auf CD-Rom auf ihre Aufmerksamkeit. Diese Prozedur ermöglichte ihr den direkten Zugriff auf sämtliche Szenen ohne den oft frustrierenden Zeitverlust, der beim Zurückspulen von Videos entstand.
Sie verbannte Janet und Reb aus ihren Gedanken und konzentrierte sich stattdessen darauf, ihre Gedanken zu sortieren. Ihre Filmarbeit wurde für ihre artistische Qualität gefeiert. Robbie sah sich selbst als ein 'auteur', ein französisches Wort, das Autor bedeutete. Beim Film bedeutete es, dass der Regisseur die treibende Kraft war, wenn es darum ging die artistischen Elemente und den Stil eines Films festzulegen. Robbies Filme besaßen eine Qualität, welche die intelligente Kreativität der Regisseurin in Methodik, Stil und Thema widerspiegelte. Sie waren nicht nur Unterhaltung sondern Kunst und Robbie besaß einige Oscars, um zu beweisen, wie gut sie im Erreichen dieses Ziels war. Solch Erfolg kam jedoch nicht ohne eine enorme Menge an Energie, Talent und Fokus. Robbie hatte sehr viel von allen drei Qualitäten.
Janet bügelte das Kostüm, das sie am nächsten Tag zur Arbeit anziehen würde. Sie musste sich unbedingt mit ihrer Belegschaft treffen, um über die neuen Richtlinien des Ministeriums zu sprechen und Teams zum Schreiben von Lehrplänen zusammenzustellen. Janet glaubte daran, dass das Lehren des Recherchevorgangs und des akademischen Gedankens genauso wichtig war, wie der Lernstoff. Das bedeutete, dass der gesamte Lehrkörper nach einer gemeinsamen Methode unterrichten musste.
Sie seufzte. Es war nicht immer einfach, die Lehrer zu überzeugen noch mehr Zeit zu opfern, um Janets Vision des Unterrichts gerecht zu werden. Sie wusste, dass ihre Belegschaft bereits mehr tat, als sie bezahlt bekam. Es handelte sich jedoch um eine wirklich engagierte Gruppe, die sie handverlesen hatte und sie war sicher, dass sie der Sache gegenüber empfänglich sein würden, wenn sie es richtig anging.
Es würde ihren Job jedoch wesentlich leichter machen, wenn nicht jede neu gewählte Regierung die Ausrichtung der Schulbildung ändern würde! Eins der frustrierenden Elemente der Lehrertätigkeit bestand darin, dass jeder, der in der Lage war, ein Kind zu zeugen oder gewählt wurde, plötzlich Experte für Schulbildung wurde. Sie wären weit besser dran, wenn die Leute, die Klassenraumerfahrung und die Ausbildung dafür hatten, die Erlaubnis bekämen, die Lehrpläne und Richtlinien zu schreiben.
Janet räumte das Bügeleisen und das Bügelbrett weg. Das Haus schien an diesem Abend sehr leise und einsam. Es war albern. Robbie war nur 48 Stunden da gewesen und dennoch vermisste sie die Anwesenheit der verdrießlichen Frau. Sie hoffte, dass Robbies Knie wieder in Ordnung kommen würde.
Sie hob ihr Kostüm auf und trug es ins Schlafzimmer, um es aufzuhängen. Dort neben dem Bett lag Robbies Karte. Auf der Rückseite stand 'Falls ich gebraucht werde.' in schwungvollen Buchstaben.
'Ich brauche dich nicht, Roberta Williams', dachte Janet, 'vergiss es!'


 Teil 3

 

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